Erich Ribbeck selbstkritisch: „Mit Abstand der Schlechteste Bundestrainer“
„Sir“ Erich Ribbeck wird heute 75. Seine Leistung als Bundestrainer beurteilt der gebürtige Wuppertaler heute kritisch.
Düsseldorf/Wuppertal. Mit seiner Vergangenheit als Bundestrainer geht „Sir Erich“ Ribbeck offen um. „Ich war ja mit Abstand der Schlechteste und der mit den wenigsten Punkten“, sagte Ribbeck, der heute 75 Jahre alt wird. Trotzdem denkt der gebürtige Wuppertaler nicht im Groll an das Ende seiner zweijährigen Tätigkeit in Diensten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zurück. Heute kann er über seine Zweijahresbilanz von zehn Siegen, sechs Unentschieden und acht Niederlagen lachen — als er nach dem Vorrunden-Aus der DFB-Auswahl bei der EM 2000 ging, konnte er es nicht.
„Ich wollte untertauchen und möglichst wenig ansprechbar sein“, sagte Ribbeck. Er trat ganz einfach ab, ohne großes Klagen, ohne Geschrei, ohne Vorwürfe an die damaligen Nationalspieler — ganz der Gentleman eben, als den die Fußballbranche den eloquenten und stets perfekt gekleideten Diplomsportlehrer kennengelernt hat.
Jetzt, zu seinem 75. Geburtstag, werden die Erinnerungen wieder wach. Auch deshalb, weil er den Kontakt zum Fußball nie verloren hat. Mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach telefoniert Ribbeck regelmäßig, mit den „Schneeforschern“, einem Freundeskreis, zu dem auch Uwe Seeler und Franz Beckenbauer gehören, trifft sich der Jubilar regelmäßig zum Skifahren, der einstige DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt hat ihn auf Teneriffa besucht. „Mir geht’s gut“ — Erich Ribbeck genießt sein Leben.
Gesundheitlich ist er nahezu topfit, obwohl die Knie („Die kriege ich nicht mehr so richtig zusammen“) nicht mehr alles mitmachen. Vor fünf Jahren bekam er eine aus Titan gefertigte künstliche Hüfte, die er heute als „mein bestes Gelenk“ bezeichnet. So kann er seinen sportlichen Hobbys nachgehen oder sich um seine ein Jahr jüngere Frau Uta und die sechs Enkelkinder kümmern.
Im Fußball hat er keinerlei Pflichten mehr, konsumiert indes vieles — „aber nicht alles“. Den ersten EM-Auftritt der Joachim-Löw-Elf gegen Portugal hat er („Klar!“) am TV-Gerät verfolgt („Die hatten viel Glück“) und wird auch heute das Duell mit den Niederlanden am Fernseher miterleben. „Deutschland hat die besten Voraussetzungen, weil die Holländer gewinnen müssen.“
Ein großes Fest wird es trotz der „75“ nicht geben im Hause Ribbeck auf Teneriffa: „Ich mache gar nichts, vielleicht mit Freunden ein Häppchen essen oder Kaffee trinken.“ Richtiges Leben eben — „und wenn du das haben kannst, ist das unheimlich viel wert“.
Kritik an den heutigen Verhältnissen des Fußballs will Ribbeck nicht äußern („Früher — das war eben eine andere Zeit“). Kritik an seinem eigenen Wirken als Coach lässt er nachträglich zu: „Wir haben ja auch gut verdient.“ Das war bei Bayer Leverkusen so, wo er mit dem Gewinn des Uefa-Pokals 1988 seinen größten Erfolg als Trainer feierte.
Oder auch bei Bayern München, wo er nach seinem Ausflug in die Automobilindustrie (Opel-Sportbeauftragter von 1989 bis 1992) die drittletzte Trainerstation hatte. Leverkusen rief ihn noch einmal (April 1995 bis April 1996), ehe der DFB ihn als Trainer die Pflicht nahm.