Erster Schweinegrippe-Fall in Europa bestätigt

Madrid/Brüssel/Hamburg (dpa) - Die Schweinegrippe hat Europa erreicht. In Spanien wiesen Mediziner das mutierte Schweinegrippevirus vom Typ H1N1 bei einem kürzlich aus Mexiko zurückgekehrten Studenten nach, wie Gesundheitsministerin Trinidad Jiménez am Montag in Madrid berichtete.

Der 23-Jährige befinde sich in einem Krankenhaus im Südosten Spaniens unter Quarantäne. Bereits zuvor hatte die tschechische EU-Ratspräsidentschaft ein Krisentreffen der Gesundheitsminister einberufen. Sie werden voraussichtlich am Donnerstag in Brüssel zusammenkommen.

Ziel des Sondertreffens sei es, die Bedrohung durch das Virus einzuschätzen und Gegenmaßnahmen zu koordinieren. EU- Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou wollte noch am Montag die EU-Außenminister bei deren regulärem Treffen in Luxemburg zur Lage informieren, sagte Vassilious Sprecherin auf Anfrage in Brüssel. In Mexiko hat die Epidemie bereits mehr als hundert Todesopfer gefordert. Die USA riefen nach 20 bestätigten Krankheitsfällen von Schweinegrippe am Sonntag den Gesundheitsnotstand aus. Befürchtungen über eine Ausbreitung der Schweinegrippe sorgen nach Einschätzung von Aktienhändlern auch für neue Unsicherheit an den weltweiten Finanzmärkten.

Der infizierte Spanier war am 22. April mit Fieber und Husten von einer Studienreise aus Mexiko zurückgekehrt und war daher zum Arzt gegangen. Rundfunkberichten zufolge geht es dem jungen Mann gut. In Spanien gibt es nach Angaben der Gesundheitsministerin zudem 20 Verdachtsfälle. Die Untersuchungen seien aber noch nicht abgeschlossen. Der Zustand aller Patienten sei stabil, in keinem Fall bestehe Lebensgefahr. „Sie reagieren auf die Behandlung mit Antiviren-Medikamenten gut“, berichtete Jiménez. Die Situation sei unter Kontrolle.

Auch in Skandinavien gibt es derweil erste konkrete Verdachtsfälle auf Schweinegrippe. Nach Angaben des Instituts für ansteckende Krankheiten in Stockholm werden mindestens fünf von Mexiko-Reisen heimgekehrte Patienten in Krankenhäusern behandelt und auf die Krankheit getestet. Auch in der Schweiz werden derzeit fünf mögliche Fälle von Schweinegrippe untersucht. Die Patienten hatten sich nach einem Behördenaufruf gemeldet, sagte der Sprecher des Bundesamts für Gesundheit, Jean-Louis Zürcher, der Nachrichtenagentur SDA. Alle wiesen nach der Rückkehr von Mexiko grippeähnliche Symptome auf.

Aus Deutschland ist noch keine Infektion bekannt. Es habe einen Verdachtsfall gegeben, der sich aber nicht bestätigt habe, sagte der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, Klaus Vater, in Berlin. „Eine unmittelbare Gefährdung besteht nicht.“ Erste Auswirkungen der Maßnahmen der Behörden seien aber angelaufen. So würden in Flughäfen Merkblätter verteilt mit Hinweisen, was zu beachten sei. Auch Ärzte erhielten Informationsblätter. Die deutschen Flughäfen riefen ihre Mitarbeiter und die Flugzeugbesatzungen zu erhöhter Wachsamkeit auf. So werden in Frankfurt aus Mexiko ankommende Flugpassagiere bei Verdacht auf Schweinegrippe unmittelbar nach der Landung untersucht.

Unterdessen schickte die Angst vor einer Ausbreitung der Schweinegrippe die ohnehin nervösen Aktienmärkte weltweit erneut auf Talfahrt. An den asiatischen Märkten kam es teilweise zu deutlichen Verlusten. Auch in London, Paris und Frankfurt gaben die Kurse nach. Vor allem Luftfahrt- und Tourismuswerte gerieten unter Druck. Die Lage erinnere an den Ausbruch der Lungenkrankheit Sars im Jahr 2003, hieß es aus dem Handel. Damals traf es besonders Touristikunternehmen und Fluggesellschaften. Sie gerieten tief in die Verlustzone, weil viele Geschäftsleute und Urlauber auf Flugreisen in die betroffenen Weltregionen verzichteten.