Fall Höxter: Frau schildert monatelange Misshandlungen

Bielefeld/Höxter (dpa) - Im Fall der Misshandlungen von Höxter hat eine 51-Jährige über ihr monatelanges Martyrium ausgesagt.

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Nach eigener Aussage wurde die Frau aus dem Großraum Berlin rund drei Monate - von Ende 2011 bis März 2012 - von dem beschuldigten Paar festgehalten und körperlich misshandelt, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten.

Sie habe keine Möglichkeit zur Flucht gehabt. Nach einer „erheblichen körperlichen Auseinandersetzung“ sei sie von den Beschuldigten in einen Zug nach Hause gesetzt worden. Aus Angst vor angedrohter Gewalt habe sie die Polizei nicht eingeschaltet, bis nun die Fälle von Höxter ans Licht kamen.

In einem früheren Bauernhaus im ostwestfälischen Dorf Bosseborn, das zu Höxter gehört, soll das Paar in den vergangenen Jahren Frauen festgehalten und gequält haben. Mindestens zwei Frauen aus Niedersachsen starben. Die Ermittler vermuten sadistische Machtspiele als Motiv.

Nach Einschätzung des Psychotherapeuten Christian Lüdke wollen Täter in Fällen wie diesen ihre eigene Ohnmacht „durch Gewaltausübung in das Gefühl von Allmacht“ verwandeln. Für die Täter seien die Opfer nur ein Instrument zum Machtrausch und -missbrauch. Die Beschuldigte und Ex-Frau des mutmaßlichen Haupttäters habe wahrscheinlich Angst um ihr Leben gehabt und deshalb mitgemacht.

Das Opfer aus dem Großraum Berlin (nähere Angaben machte die Polizei nicht) hatte sich am Sonntag bei der Polizei gemeldet: Die Frau hatte das Haus in den Medien wiedererkannt. Kennengelernt hatte sie den Beschuldigten durch eine Kontaktanzeige. Nach einigen Telefonaten reiste sie im August 2011 erstmals ins Weserbergland.

Bei diesem dreiwöchigen Besuch habe es jedoch keine Übergriffe gegeben. Der Besuch sei harmonisch und konfliktfrei verlaufen, so ein Polizeisprecher. Sie hielt Telefonkontakt und entschloss sich schließlich zu einem zweiten Aufenthalt. Erst dann sei es zu Misshandlungen gekommen.

Die Ermittlungen in Höxter-Bosseborn laufen laut Polizei auf Hochtouren. Am Mittwochvormittag sei das Wohnhaus mit Kräften einer Einsatzhundertschaft ausgeräumt worden, um weitere Spuren zu sichern. „Unsere Techniker können leere Räume einfach besser untersuchen. Wir müssen viel Müll rausschaffen“, sagte ein Polizeisprecher. Auch Hinweisen aus der Bevölkerung geht die Polizei nach. Hinweise auf weitere Opfer gab es zunächst keine.

Die nur wenig mehr als 500 Einwohner zählende Ortschaft im östlichsten Zipfel von Nordrhein-Westfalen - an der Grenze zu Niedersachsen - zeigt sich bestürzt über die Ereignisse. Ein fürs Wochenende geplantes Dorffest sagte der Heimatschützenverein ab. Man sei zutiefst betroffen über die Geschehnisse im Ort.