Feiern, bis der Fotograf kommt? Promis beim Oktoberfest
München (dpa) - Früher traf sich Münchens Schickeria in Schwabing, heute scheint das Oktoberfest der Promi-Brennpunkt schlechthin zu sein. Prominente von A bis Z - Politiker, Schauspieler, Filmschaffende, Sänger, Fußballstars, Schönheitschirurgen - versammeln sich in angesagten Zelten oder kommen zum Anstich.
„Es sind viele fröhliche Menschen da. Ich finde, das ist ein tolles Fest“, sagt Schlagerstar Heino, der wie TV-Moderator Florian Silbereisen Stammgast ist. Zwei Festwochen lang gibt es Dutzende Partys und Stammtische von Firmen, Medien und Ministern.
In den drei K-Zelten - Sepp Krätz' Hippodrom, Kufflers Weinzelt und Käfer's Wiesnschänke - ist die Promi-Dichte besonders hoch. Ins Hippodrom lud Regine Sixt zur Damen-Wiesn: Gut 1200 Ladys kamen, von Verona Pooth und Uschi Glas bis Gloria Fürstin von Thurn und Taxis.
Beim Käfer, wo neben Bier auch Wein und Champagner fließen, feierten zum Beispiel Schauspieler Heino Ferch mit Ehefrau, Fußballstars oder Ex-Spieler wie Stefan Effenberg und Michael Ballack, dessen Ex Simone oder auch Martin Krug - Ex von Veronica Ferres und Verena Kehrt - mit seiner aktuellen Freundin. Mancher Promi kommt jeden Tag - oder öfter: „Mein Rekord liegt bei 21 Mal in 16 Tagen“, gestand Giulia Siegel dem n-tv-Magazin „5th Avenue“.
Wiesn-Chef Dieter Reiter glaubt, dass für Prominente dasselbe gilt wie für Münchner Bürger: „Dass man sich ganz normal auf der Wiesn trifft.“ Allerdings: „Wir sind das größte Volksfest der Welt, da muss man dabei sein, wenn man etwas auf sich hält.“ Sehen und gesehen werden: Die hohe Reporterdichte garantiert den medienwirksamen Auftritt beim Busseln und Posieren. Das Motto scheint oft zu lauten: Feiern, bis - oder damit - der Fotograf kommt.
Früher war das Viertel Schwabing der zentrale Münchner Promitreff. „Jeder spuit (hochdeutsch: spielt) an Superstar und sauft an Schampus an der Bar“ sang die Band Spider Murphy Gang in den 80er Jahren über die Schwabinger „Schickeria“. Der Song ist heute einer der meistgespielten Wiesn-Hits. Schließlich hat sich nur der Ort geändert. Alles andere passt noch: „Jeder ziagt si (hochdeutsch: zieht sich) ausgflippt o, weil er sonst ned landn ko.“
Außergewöhnlich soll das Outfit sein, aber auch trachtig. Viel Aufmerksamkeit, aber nicht nur Zuspruch, bekam vor einigen Jahren Cora Schumacher im Totenkopf-Dirndl.
In diesem Jahr scheint knallig „in“ zu sein. Claudia Roth (Grüne) zeigte sich in Neon-Grün zum Anstich; die Schlagersängerin Ireen Sheer glänzte in Pink beim Tanzen mit Patrick Lindner.
Tennis-Legende Boris Becker kam Ton-in-Ton mit roter Weste und rot-blau-kariertem Hemd. Nacktmodel Micaela Schäfer zeigte den Fotografen ihr Dekolleté, Entertainerin Sissi Perlinger setzte auf Kontrast zur Tracht und kam im Leoparden-Dress.
Auf der Wiesn fällt manche Hemmschwelle. Das Bier ist stärker, und die Wirkung entfaltet sich schleichend. Opfer werden oft ausländische Gäste ohne Wiesn-Erfahrung. Aber auch Prominente sind nicht immer gefeit. Manches Foto bleibt unter Verschluss. Küsschen hier und dort sind dagegen Standardprogramm.
Alkohol, schnelle Fahrgeschäfte, Massen-Ekstase, erotische Avancen: Die Wiesn sei grundsätzlich ein „rauschhaftes, dionysisches Fest“ mit archaischen Riten und erzeuge bei den Teilnehmern eine Art Trance, erläuterte die Psychologin Brigitte Veiz in der Studie „Das Oktoberfest - Masse, Rausch und Ritual“ (2006).
Nicht jeden interessiert das prominente Treiben. München sei eine Millionenstadt, also gehöre das als Facette dazu, sagt Wirte-Sprecher Toni Roiderer. Ihm persönlich sei es aber „wurscht“, welcher Promi auf die Wiesn komme. In erster Linie sei die Wiesn ein Fest für die Bürger: „Es ist ein Volksfest. Das erste Wort heißt Volk.“