Behörden versagten Festnahmen im Skandal um Prostitution von Heimkindern auf Mallorca
Palma · Der Skandal hatte im Januar ganz Spanien erschüttert. Zahlreiche Heimkinder sollen auf der Insel schon seit längerem als Prostituierte ausgebeutet worden sein. Die Polizei meldet nun einen ersten Erfolg - und gibt schreckliche Details preis.
Im Skandal um den angeblich weit verbreiteten sexuellen Missbrauch von Heimkindern auf Mallorca hat die Polizei erstmals zwei mutmaßliche Zuhälter gefasst. Eine Frau und ein Mann wurden unter dem Vorwurf festgenommen, minderjährige Mädchen in Bars und Kneipen der spanischen Urlaubsinsel als Prostituierte ausgebeutet zu haben, wie die Polizei am Freitag mitteilte.
Nach Klagen von Sozialarbeitern sind viele der rund 350 Minderjährigen, die in den 30 Kinder- und Jugendheimen Mallorcas untergebracht sind, Opfer von sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung. Den Behörden wird grobe Nachlässigkeit vorgeworfen. Die Verantwortlichen schauten oft weg, wenn etwa eine 13- oder eine 14-Jährige tagelang aus einem Heim verschwand.
Die schlimmen Zustände in den Kinder- und Jugendheimen Mallorcas sind seit Jahren ein offenes Geheimnis. Aber erst eine Anzeige wegen einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer 13-jährigen Heimbewohnerin an Heiligabend löste eine heftige Debatte aus.
Die Sozialbehörde hatte im Januar nach zunehmender Kritik eingeräumt, man habe von mehreren Missbrauchsfällen Kenntnis. Mindestens 16 Heimbewohner, 15 Mädchen und ein Junge, seien zur Prostitution verleitet worden. Häufig betätigten sich laut Sozialarbeitern, die die Missstände seit Jahren anprangern, Mitbewohner als „Kuppler“, um an Geld oder Drogen zu kommen.
Der Verdacht, dass Erwachsene in die Vorfälle auch als Zuhälter verwickelt sind, scheint sich mit den Festnahmen zu bestätigen. Der Polizei gingen eine 50-jährige Dominikanerin sowie ein 41-Jähriger aus Guinea ins Netz, wie die Behörden auf Anfrage bestätigten. Man könne noch nicht einschätzen, wie viele Minderjährige zur Prostitution verleitet worden seien. Nach den Festnahmen am vorigen Montag seien die Ermittlungen weiter in vollem Gange, hieß es.
Die Vorgehensweise der mutmaßlichen Zuhälter: Sie seien in Palma in Bars des Problemviertels Son Gotleu auf Besucher zugegangen und hätten diese aufgefordert, minderjährige Mädchen zu einem Drink einzuladen. Bei Interesse sei anschließend Sex angeboten worden. Die Opfer seien mit Alkohol oder Drogen gefügig gemacht worden. Der Festgenommene soll seine Opfer auch sexuell angegriffen haben.
Erst am Donnerstagabend hatte der Inselrat ein Maßnahmenprogramm zur Verbesserung der Lage der Heimbewohner vorgelegt. Man wolle insgesamt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen, teilte die für Jugendschutz zuständige Behörde mit. Die Bildung eines Untersuchungsausschusses zu dem Thema lehnte der auf Mallorca regierende Linkspakt jedoch ab. Das wurde von der konservativen Opposition am Freitag scharf kritisiert.
Unter den vorgesehenen Maßnahmen ist die Einrichtung eines Zentrums für minderjährige Opfer von sexueller Ausbeutung. Ab Juni werde ausgebildetes Personal zur Verfügung stehen, um auf die Jugendlichen einzugehen und Seminare zur Prävention zu geben. Die Sozialbehörde IMAS wolle zwei zusätzliche Psychologen einstellen und außerdem die Kampagnen zur Aufnahme von Heimkindern in Pflegefamilien verstärken. Die Präsidentin des Inselrats, Catalina Cladera, wurde von der „Mallorca Zeitung“ mit den Worten zitiert, man müsse den Schwerpunkt der Debatte auf die Täter legen und nicht auf die Minderjährigen.