Forscher: „Es ist deutlich häufiger extrem heiß“
Potsdam (dpa) - Eine Hitzewelle hat Deutschland erreicht. Bis zu 40 Grad waren angekündigt. Die Zunahme von extremen Hitzeperioden und die Hintergründe erklärt der Wissenschaftler Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Frage: Vor wenigen Tagen waren es noch 14 Grad, jetzt sind es fast 40, dann soll es schon wieder abkühlen. Ist das eigentlich normal?
Antwort: Das sind die Schwankungen, die das Wetter bereithält. Darunter liegt natürlich auch ein allmählicher langfristiger globaler Erwärmungstrend, der es wahrscheinlicher und häufiger macht, dass Hitzewellen auftreten.
Frage: Wie sehr wird das zunehmen?
Antwort: Wir beobachten jetzt schon, dass bei den Tagestemperaturen in Europa doppelt so oft Hitzerekorde auftreten wie Kälterekorde. Und für längere Zeiträume ist das Verhältnis noch wesentlich krasser: Bei den Monatswerten haben wir heute schon fünfmal so viele Hitzerekorde wie es in einem stabilen Klima der Fall wäre. Und diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, da wir das Klima durch unsere Treibhausgase immer weiter aufheizen.
Frage: Seit wann häufen sich die Hitzeperioden und damit auch die Temperaturrekorde?
Antwort: Das ist ein Trend, der seit etwa 1980 zu beobachten ist. Seitdem sehen wir ja auch eine stetige globale Erwärmung. Das Wettergeschehen erzeugt normalerweise allein durch Zufall eine bestimmte Anzahl von Rekorden. Aber wenn wie jetzt eine langfristige Erwärmung hinzukommt, dann ist es deutlich häufiger extrem heiß. Man kann statistisch ausrechnen, wie häufig das der Fall sein sollte - und die Prognose entspricht auch genau der beobachteten Zunahme von solchen extremen Hitzeperioden.
Frage: Was muss die Weltgemeinschaft tun?
Antwort: Es seit langem wissenschaftlich gesichert, dass die globale Erwärmung durch die vom Menschen verursachten Treibhausgase verursacht wird. Es liegt also in unserer Hand. Wir können die Erwärmung noch auf maximal zwei Grad begrenzen oder vielleicht sogar auf 1,5 Grad. Das ist ja das erklärte Ziel der internationalen Klimapolitik, zu der es im Dezember wieder einen Weltklimagipfel geben wird. Die Erwartungen sind hoch, dass es zu einem Klimaschutzabkommen kommt, das die Wende bringt.
Frage: Noch einmal zurück zur aktuellen Hitzewelle. Wie gehen Sie damit um?
Antwort: Ich gehe jetzt mit meinem kleinen Sohn baden.
ZUR PERSON: Stefan Rahmstorf forscht am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Zudem ist der 55-Jährige Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Zu seinen Buchveröffentlichungen gehören „Der Klimawandel“ und “Wie bedroht sind die Ozeane?“