Einfallstor Flughafen Forscher wollen Pandemien verhindern

Braunschweig/Düsseldorf (dpa) - Flughäfen sind faszinierende und geheimnisvolle Orte. Doch die Tore der Welt bergen auch Gefahren: Terroristen, Waffen und Viren können ins Land kommen.

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Um die Terroristen und die Waffen kümmern sich Polizei und Zoll. Doch was ist mit den Viren? Diesem Thema widmet sich seit Kurzem eine Forschungsgruppe am Institut für Industriebau und Konstruktives Entwerfen an der TU Braunschweig.

Die Wissenschaftler unter Leitung der Architekten Wolfgang Sunder und Jan Holzhausen wollen Flughäfen dabei helfen, sich für den Ernstfall vorzubereiten. Dann etwa, wenn bei einer Pandemie ein Flugzeug mit einem oder gleich mehreren hochinfizierten Passagieren ankommt. „Dann muss es ein System geben, das in solchen Fällen anläuft“, sagt Holzhausen. Entscheidend sei eine darauf ausgerichtete Infrastruktur, bei der sich ganze Bereiche schnell vom Rest des Flughafens abtrennen lassen. „Die Anforderungen sind dabei ähnlich wie an ein Krankenhaus, wo ja auch niemand weiß, wie ansteckend der Patient im nächsten Transport für andere ist.“

Pandemie - immer wenn an einem Ort dieser Welt ein Virus massiv zuschlägt, geht dieses Wort vielen schnell von den Lippen. Aber was ist das eigentlich? „Eine Pandemie ist eine sich schnell weiter verbreitende, ganze Landstriche, Länder und Kontinente erfassende Krankheit“, schreibt die Bundesärztekammer.

Vor zwei Jahren war die Angst davor in Europa besonders präsent. Damals raffte Ebola in einigen westafrikanischen Ländern innerhalb weniger Monate Tausende Menschen dahin. Es lässt sich darüber streiten, wie berechtigt diese Angst war und ist. In jedem Fall können sich Viren in einer vernetzten und globalisierten Welt leichter verbreiten als jemals zuvor.

„Flughäfen sind dabei natürlich stets ein besonders empfindlicher Ort“, sagt Dirk Brockmann vom Robert Koch-Institut in Berlin. Der Wissenschaftler hat Modelle entwickelt, mit denen sich Verbreitungswege von Infektionen über Flughäfen nachvollziehen lassen. „So können wir erkennen, welche Kontinente und Städte besonders gefährdet sind, je nachdem an welchem Ort der Welt sich infizierte Menschen in ein Flugzeug setzen“, sagt Brockmann.

So wütete etwa Ebola besonders heftig in den Ländern Sierra Leone, Liberia und Guinea. „Deshalb war die Importwahrscheinlichkeit an französischen und englischen Flughäfen, also in den Ländern der ehemaligen Kolonialmächte, besonders hoch“, sagt Brockmann.

Die Architekten in Braunschweig wollen mit ihrem Forschungsprojekt aber auch herausfinden, wie sich Erreger innerhalb der Flughäfen verbreiten. „Wie bewegen sich die Menschen und damit auch die Erreger durch das Gebäude? Wo sind die Risikozonen?“, erklärt Sunder. Dabei geht es ihnen nicht nur um die bauliche Beschaffenheit der Flughäfen. Mit im Boot sitzen neben weiteren Forschungsinstitutionen auch Reinigungsfirmen und Kunsthoffhersteller.

„Wir gehen das Problem damit auf mehreren Ebenen an“, sagen die Architekten. Denn relevant für die Verbreitung von Viren seien auch Reinigungszyklen oder die Beschaffenheit von Oberflächen. „Auch die Belüftungstechnik ist bei dieser Frage entscheidend“, urteilt Sunder. Je nachdem, wie die Bestandsaufnahme der Wissenschaftler ausfällt, könnte das für die Flughäfen eines Tages gewaltige Investitionen in Infrastruktur, Personal und Ausstattung bedeuten.

Für die Betreiber selbst ist das daher ein sehr sensibles Thema. Nicht alle angefragten Standorte hätten sich an dem Projekt beteiligen wollen. Mit dabei ist aber der Flughafen Düsseldorf, der vor allem darauf verweist, wie gut die Einrichtung im Falle einer Epidemie bereits vorbereitet ist. Entsprechende Abläufe, Räumlichkeiten, Zuständigkeiten sowie die Zusammenarbeit mit Behörden seien in einer solchen Situation genau festgelegt, heißt es dort.

In drei Jahren läuft das Projekt aus. Als Ergebnis soll es dann ein Weißbuch geben, das als Handlungshilfe für Planer und Architekten bei diesem Thema dienen soll. Das scheint dringend nötig. „Sie sehen ja, wie komplex dieses Thema ist und was alles beachtet werden muss. Dabei wollen wir helfen“, sagen Sunder und Holzhausen.