TV-Geschichte geschrieben Für immer „Landarzt“: Christian Quadflieg ist tot
Er war der verständnisvolle „Landarzt“, der „Vater wider Willen“ und im „Tatort“ der Lehrer, mit dem Nastassja Kinski ein Verhältnis hatte: Nun ist der Schauspieler Christian Quadflieg mit 78 gestorben.
Rund 200 Rollen spielte Christian Quadflieg im Fernsehen – doch für viele Zuschauer ist er für immer der „Landarzt“ geblieben. In der ZDF-Serie, bei der er zum Teil auch Regie führte, spielte Quadflieg zwischen 1986 und 1992 den Titelhelden Dr. Karsten Mattiesen, der sich im fiktiven schleswig-holsteinischen Deekelsen mit Herz und Verstand um die kleinen und großen Nöte der Dorfbevölkerung kümmert.
TV-Geschichte hat der Künstler aber auch schon 1977 geschrieben: mit Wolfgang Petersens damals spektakulärem „Tatort: Reifezeugnis“, in dem er als Lehrer eine seiner Schülerinnen, gespielt von Nastassja Kinski, verführt.
Nach langer schwerer Krankheit ist Christian Quadflieg im Alter von 78 Jahren in Hamburg gestorben. „Die Familie trauert um einen geliebten Menschen und großen Künstler“, teilte Sandra Quadflieg, die Ehefrau des Neffen von Christian Quadflieg, im Namen der Familie mit.
Zuletzt war es stiller um ihn geworden: Vor allem mit Lesungen aus den Werken großer Autoren trat der Sprachbegeisterte noch auf. Zu Beginn seiner Laufbahn musste sich der gut aussehende junge Mann mit den dunklen Haaren und den braunen Augen gegen einen Mythos durchsetzen: seinen legendären Vater Will Quadflieg (1914-2003). Der gehörte zur ersten Garde seines Berufsstands, brillierte als „Faust“ in Gründgens' unvergessener Inszenierung.
Schon mit zwölf Jahren begleitete Christian Quadflieg seinen Vater ins Hamburger Schauspielhaus, um ihn auf der Bühne zu bewundern: „Von Schillers „Don Carlos“ mit Gustaf Gründgens als König Philipp und meinem Vater als Marquis Posa habe ich alle 36 Vorstellungen gesehen“, sagte Quadflieg zu seinem 70. Geburtstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Für ihn habe kein Zweifel bestanden, dass er auch Schauspieler werden wollte. Obwohl der berühmte Vater ihn gewarnt hatte: „Auf der Bühne bist du alleine. Da nützt es dir nichts, dass du mein Sohn bist.“
Das konnte ihn nicht abhalten: Der Sohn, am 11. April 1945 in Växjö (Schweden) als eines von fünf Kindern der Bühnengröße geboren, bewarb sich nach der Schulzeit in Hamburg an der Bochumer Schauspielschule. Als er bei der Aufnahmeprüfung zunächst durchfiel, brach für ihn eine Welt zusammen. Dann klappte es doch noch. Nach Engagements in Oberhausen, Wuppertal und Basel machte sich der junge Mann selbstständig und spielte seit 1974 an bedeutenden Häusern in Hamburg, Berlin, München und Wien bald selbst große Klassiker-Rollen.
Der Regisseur Fritz Umgelter, mit dem Quadflieg insgesamt 16 Filme drehte, entdeckte ihn fürs Fernsehen und wollte ihn unbedingt für die Hauptrolle in dem Vierteiler „Die unfreiwilligen Reisen des Moritz August Benjowski“. Im Fernsehen hatte er Auftritte in Serien und Filmen wie „Der Alte“, „Derrick“ und „Das Traumschiff“. In der ARD-Familienserie „Vater wider Willen“ spielte er zwischen 1995 und 2002 die Titelrolle des Dirigenten Oldendorf.
In den vergangenen Jahren konzentrierte sich Quadflieg, der seit 1974 mit seiner Kollegin Renate Reger verheiratet war, auf seine mehr als 30 literarischen Programme. Mit ihnen gab er Gastspiele und las Hörbücher ein. Lyrik von Erich Kästner, Heinrich Heine und Eduard Mörike oder auch Bibelgeschichten gehörten dazu. Mit seinem Vater Will Quadflieg legte er ein Hörbuch zum Briefwechsel zwischen Thomas und Klaus Mann vor. Dafür erhielten beide 1996 den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Die Schriftstellerin und Buchkünstlerin Roswitha Quadflieg (Jahrgang 1949, „KönigsSohn“) ist eine Schwester des Schauspielers.