"Fearless Girl" bleibt an der Wall Street Furchtloses Mädchen bietet dem Bullen weiter die Stirn

New York. Der "Charging Bull" ist ein beliebtes Fotomotiv vor der New Yorker Börse. Der 3,5 Tonnen schwere Bulle steht seit dem 15. Dezember 1989 dort. Er ist ein Kunstwerk des italienischen Künstlers Arturo Di Modica.

Die Figur "Fearless Girl" wurde vom Vermögensverwalter State Street Global Advisors aufgestellt und soll den positiven Einfluss von Frauen in Führungsetagen symbolisieren.

Die Figur "Fearless Girl" wurde vom Vermögensverwalter State Street Global Advisors aufgestellt und soll den positiven Einfluss von Frauen in Führungsetagen symbolisieren.

Foto: Mark Lennihan

Seit dem 8. März hat der Bulle Gesellschaft bekommen, die auch so schnell nicht mehr gehen wird. Nur ein paar Meter weiter und ihm gegenüber steht nun das "Fearless Girl" - aufgestellt anlässlich des "Internationalen Weltfrauentags" am 8. März. Die Statue der amerikanischen Bildhauerin Kristen Visbal ist aus Bronze angefertigt worden, genauso wie der Bulle.

Die Figur "Fearless Girl" wurde vom Vermögensverwalter State Street Global Advisors aufgestellt und soll den positiven Einfluss von Frauen in Führungsetagen symbolisieren.

Die Figur "Fearless Girl" wurde vom Vermögensverwalter State Street Global Advisors aufgestellt und soll den positiven Einfluss von Frauen in Führungsetagen symbolisieren.

Foto: Mark Lennihan

Ansonsten aber ist das zierliche Mädchen eher ein Gegenstück zum massigen Tier. Das Kind steht selbstbewusst, mit geradem Rücken da und streckt stolz Kopf und Brust heraus, seine Arme sind trotzig in die Hüften gestemmt. Sein Rock schwingt im imaginären Wind, der vom Bullen herüberbläst, während er scheinbar wutschnaubend mit den Hufen auf dem Kopfsteinpflaster scharrt. Der stumme Dialog der beiden ist kein friedlicher. Kein Wunder, symbolisiert der Bulle doch Aggression und Stärke der Märkte, während das furchtlose Mädchen anlässlich des Weltfrauentages zur Gleichberechtigung von Frauen im Job und in der Gesellschaft aufrufen, mithin seiner Marktbeherrschung entgegegentreten soll.

"Fearless Girl" darf stehen bleiben
9 Bilder

"Fearless Girl" darf stehen bleiben

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Ursprünglich sollte die Figur am 2. April wieder entfernt werden. Nun erfreut sie sich aber bei den New Yorkern und den tausenden Touristen, die die Wall Street jeden Tag besuchen, großer Beliebtheit. Diese Zuneigung konnte dem Mädchen ein Fortbestehen über seinen eigentlichen "Todestag" hinaus verschaffen. Mehrere Online-Petition forderten, dass das "Fearless Girl" dauerhaft an Ort und Stelle stehen bleiben soll. Mit Erfolg, am Sonntag hat die New Yorker Stadtverwaltung bekannt gegeben, dass sich Bürgermeister Bill de Blasio dazu entschieden hat, dass die Statue bis mindestens Februar 2018 nicht entfernt wird.

Ein vorläufiges Happy End einer komplizierten Geschichte, denn Di Modica, der Erschaffer des "Charging Bull", meldet sich zu Wort. Er hält gar nichts von der Mädchenstatue. Der Künstler sieht die Intention seines Werks in Gefahr, das er als Zeichen für Wohlstand und Stärke, als Zeichen für Amerika, geschaffen habe. Durch das Mädchen habe sich diese Symbolik schlagartig geändert. Der Bulle werde von einem Zeichen der Stärke zu einem Zeichen der Aggression. Außerdem wirft Di Modica dem Kunstwerk von Kristen Visbal auch seinen kommerziellen Hintergund vor: Das "Fearless Girl" ist nämlich eine Auftragsarbeit der Bostoner Investmentfirma "State Street Global Advisors".

Die so Gescholtene erklärt, dass sie ihr Kunstwerk keineswegs als Gegenpart zu dem Bullen sieht. Auch sie möge den "Charging Bull", aber es wäre ein falsches Zeichen, wenn man es zulassen würde, dass die Frauen, für die das "Fearless Girl" symbolisch steht, einfach wieder so aus der Gesellschaft entfernt werden könnten.

Wie die Geschichte ab Februar 2018 weitergeht, ist noch unklar. Seinen Zweck hat das "furchtlose Mädchen" auf jeden Fall schon mal erfüllt, denn es verschafft der Diskussion um die Gleichberechtigung von Frauen in einer immer noch von Männern dominierten Gesellschaft eine große Aufmerksamkeit.