Geschichte(n) statt Apokalypse
Zum angekündigten Weltuntergang bleibt der Ansturm auf den Atombunker im Elsass aus. Die Besucher gehen lieber in die Unterwelt.
Hunspach. Der Weltuntergang als Werbegag. Im Fort de Schoenenbourg hat das halbwegs funktioniert. Tagelang wurde über den Bunker im Elsass berichtet, dessen atombombensichere Betonmauer vor der vermeintlichen Apokalypse schützen soll. Doch der große Ansturm von Fanatikern, Esoterikern und Weltuntergangspropheten bleibt in der Nacht zum Tag X aus. Stattdessen nutzen die etwa 100 Besucher die Gelegenheit für eine Führung durch die Bunkeranlage.
Der Weltuntergang ist höchstens ein Anlass zum Witzeln. „Wegen der Zeitverschiebung müsste Australien schon untergegangen sein. Meine Heimat gibt es aber noch — denke ich“, meint der Australier Nicolas Bailey bei Glühwein und Lebkuchen. Der Karlsruher Markus Burgstahler lacht über den Weltuntergang. Er hat mit seinem Sohn Jan nur Augen für die Bunkeranlage. „Das ist faszinierend.“
Das Fort ist die größte zugängliche Anlage im Elsass und ziemlich beeindruckend. 28 Meter geht es unter die Erde, gute zwei Stunden dauert der Spaziergang durch die sechs Bunker. „Dort haben 600 Soldaten neun Monate verbracht“, berichtet Karl-Hans Stöß während einer Führung. Fast alle Räume sind erhalten geblieben: Küche, Werkstätten und das Lazarett. Die Anlage gleicht einer Stadt unter der Erde. Im Weltkrieg diente sie dem französischen Militär, und seit den 60er Jahren kümmert sich die Vereinigung der Freunde der Maginot-Linie um die Instandhaltung.
Dessen Präsidenten Marc Halter trieben vor dem Tag X aber ganz andere Sorgen um: „Ich habe mehr als 40 Interviews in vier Ländern gegeben. Wenn keine Besucher kommen, dann wäre das ein Weltuntergang.“ Wäre es tatsächlich dazu gekommen, hätte vor allem die Spezies der Journalisten im Bunker überlebt. „Ob die Anlage tatsächlich einem Weltuntergang standhält, weiß ich nicht. Eine Atombombe würde sie allerdings aushalten.“
Die „Spinner“ hatten sich vor allem im Vorfeld bei ihm gemeldet. „Da gab es Anfragen von Leuten, die hier freie Flächen für eine Ufo-Landung mieten wollten“, erzählt er belustigt. Ebenso von einem Mann, dem die Bäume geraten hätten, im Bunker auszuharren. Halter habe ihm nahegelegt, die Nacht im heimischen Keller zu verbringen.
Überrascht ist Halter von Anfragen dieser Art nicht. Egal ob als Schauplatz für einen Pornofilmdreh oder als Übernachtungsmöglichkeit für Laienschauspieler, die geschichtliche Ereignisse nachspielen — das Interesse an dem Bunker sei groß, und der Verein müsse gut auf ihn aufpassen. Die Vereinsmitglieder denken trotz der ausgebliebenen Apokalypse bereits über ähnliche Veranstaltungen nach. „Vielleicht lockt ein Weltuntergang im Sommer mehr Besucher an“, sagt Halter.