Engelbert blamiert die Briten: „Habe mein Bestes gegeben“
London (dpa) - Er sollte der sichere Retter Großbritanniens aus der lang andauernden Eurovisions-Misere sein. Stattdessen hat Musik-Veteran Engelbert jetzt alles noch viel peinlicher gemacht. Nicht mal die Kette von Elvis, die er als Glücksbringer mit hatte, konnte ihm helfen.
Vorletzter Platz für das ehemalige Empire, gleich dahinter nur noch Traditions-Verlierer Norwegen.
Gut, dass die Briten ihre „stiff upper lip“, die vielzitierte „steife Oberlippe“, haben. „Wen interessiert schon der Eurovision Song Contest?“, wurde am Sonntag mit demonstrativer Gleichgültigkeit gefragt. Diskussionen gehen um: Warum steigen wir nicht einfach ganz aus? Lächerlich das Ganze, hieß es zum Beispiel in der Zeitung „Daily Telegraph“.
„Ich habe mein Bestes für mein Land gegeben“, beteuerte Engelbert. „Der Rest lag nicht in meiner Hand.“ Ärger von seinen Landsleuten hat der 76-Jährige, auf der Insel wegen seines Künstler-Nachnamens Humperdinck liebevoll „The Humb“ („der Buckel“) genannt, nicht wirklich zu erwarten. Die beliebteste Erklärung für seine Niederlage war am Sonntag: Weil Engelbert als erster gesungen hat, haben viele, die zu spät eingeschaltet haben, ihn gar nicht gesehen. Und außerdem hatten sie ihn nach dem stundenlangen Programm am Ende vergessen - laut Sender BBC ein typisches Eurovisions-Phänomen.
An der Verlierer-Ballade „Love Will Set You Free“ gab es nur moderate Kritik. Zwar war die Melodie nicht gerade ein Ohrwurm. Statt vom Hocker zu reißen, beförderte sie eher das darauf Einnicken. „Offen gestanden war der Auftritt so retro, dass er schon altmodisch gewesen wäre, als Engelbert noch ein Superstar war“, schrieb Musikjournalist Neil McCormick. Doch Hoffnung hatte es trotzdem gegeben, denn immerhin stammt der Song aus der Feder von Sacha Skarbek, der an James Blunts Welthit „You're Beautiful“ mitgearbeitet hat.
Damit es endlich mal wieder klappt, hatte Großbritannien sogar den Risikofaktor öffentlicher Geschmack ausgeschlossen. Hatten die Briten bis 2011 bei der Kandidaten-Auswahl noch etwas zu sagen, wurde das nach dreimal dem letzten Platz geändert. Die Hoheitsmacht hat jetzt die BBC. Die etablierte Boy-Group Blue sollte im vergangenen Jahr den Titel holen, und brachte es immerhin auf Platz 11. Zuletzt hatte Großbritannien 1997 gesiegt, mit der Band Katrina And The Waves und ihrem Song „Love Shine A Light“. Sängerin Katrina Leskanich allerdings ist US-Amerikanerin.
Zumindest hat Engelbert es geschafft, dass auf der Insel wieder ein bisschen mehr über den Musikwettbewerb gesprochen wird. Der ist nicht unbedingt ein Quoten-Garant. „Es fühlt sich irrelevant an“, sagte die 29 Jahre alte Mary Henry aus London der Nachrichtenagentur dpa. „Wir haben eine boomende Musikindustrie, die im Ausland sehr erfolgreich ist.“ Die Musiker, die zum Song Contest geschickt würden, hätten damit wenig zu tun.
„Engelbert ist nicht repräsentativ für die britische Kultur“, meint Musikfan Henry. „Leona Lewis zum Beispiel würde die britische Musikindustrie viel besser repräsentieren. Aber wir würden sie niemals zum Eurovision Song Contest schicken. Aus welchem Grund sollte ein großer Star zur Eurovision gehen?“