Französische Holocaust-Überlebende Simone Veil ist tot

Als Jugendliche litt sie in deutschen Konzentrationslagern. Die jüdische Französin überlebte und setzte sich den Rest ihres Lebens für die französisch-deutsche Freundschaft und die europäische Einigung ein. Auch deutsche Politiker verneigen sich vor Simone Veil.

Die französische Publizistin und Politikerin Simone Veil starb am Freitag im Alter von 89 Jahren.

Foto: Julian Stratenschulte

Paris/Berlin. Die französische Politikerin und Holocaust-Überlebende Simone Veil ist tot. Sie starb am Freitag im Alter von 89 Jahren, wie die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf ihren Sohn Jean Veil berichtete. Ihre Popularität war in Frankreich bis zum Schluss ungebrochen. Auch in Deutschland reagierten führende Politiker mit Trauer auf die Nachricht von Veils Tod. „Wir verabschieden uns von einer großen Europäerin. Wir Deutsche werden sie in dankender Erinnerung behalten“, betonte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Das Internationale Auschwitz Komitee regte einen europäischen Staatsakt für Veil ähnlich wie für den gestorbenen früheren Bundeskanzler Helmut Kohl an.

Die 1927 in Nizza geborene Französin hatte als Jugendliche die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen überlebt. Nach dem Krieg studierte sie Jura und liberalisierte als französische Gesundheitsministerin in den 1970er Jahren das Abtreibungsrecht. Von 1979 bis 1982 war sie erste Präsidentin des Europaparlaments. 2008 wurde sie in die berühmte Académie française gewählt.

Steinmeier rief ihr Leiden unter den Deutschen wie auch ihre Leistungen für die Aussöhnung in Erinnerung. „Simone Veil und ihre Familie haben schwer unter dem NS-Regime und der deutschen Besatzung in Frankreich gelitten. Ihre Eltern und ihr Bruder kamen ums Leben. Sie selbst überlebte Auschwitz.“ Veil habe die bewundernswerte Kraft aufgebracht, sich nach dem Krieg aktiv für die europäische Einigung und die deutsch-französische Freundschaft einzusetzen, erklärte Steinmeier.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in einem Beileidstelegramm dem Sohn und dessen Familie ihr Mitgefühl aus. „Simone Veil hat sich über viele Jahrzehnte mit großem Nachdruck für den europäischen Einigungsprozess eingesetzt. Dafür sind wir ihr sehr dankbar.“ Merkel hob auch Veils unermüdliches, von tiefer Menschlichkeit getragenes Engagement für die Überlebenden des Holocaust hervor.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz würdigte Veil als Politikerin, die „für Menschlichkeit, für Freiheit, Demokratie und für ein respektvolles und friedliches Miteinander der Staaten und Völker Europas“ stand. „Ihre Verdienste sind ein bleibender Auftrag an uns alle, den Zusammenhalt und die Freiheit unseres Kontinentes für die Zukunft zu bewahren.“

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete Veil als „eine Bastion der deutsch-französischen Freundschaft“. Ihr Leben sei ein Sinnbild für die Versöhnung zwischen Franzosen und Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg und ein Beispiel für uns alle, betonte Gabriel. Ich trauere mit meinen französischen Freunden und verneige mich im tiefen Respekt vor dem Leben von Simone Veil.“

Das Auschwitz Komitee gedachte in Wehmut der Frau, die „den Überlebenden und ihren ermordeten Angehörigen über viele Jahre eine Stimme“ gegeben habe. „Ihre menschliche Stimme der Erinnerung, der Hoffnung und der Vernunft übertönte den antisemitischen Hass und wurde weltweit gehört“, sagte Christoph Heubner, Exekutiv Vizepräsident des Auschwitz Komitees in Berlin. „Auschwitz-Überlebende erwarten und erhoffen, dass gerade sie in Zeiten wachsender Intoleranz und europäischer Wirrungen mit einem Europäischen Staatsakt geehrt wird.“