Görlitz wird zur Krimi-Stadt
Kodersdorf (dpa) - Ein alter Gutshof in der Oberlausitz: Efeu rankt sich entlang der bröckeligen Fassade, vor dem Haus blühen wilde Rosen. Auf dem Kiesweg stehen zwei Autos. „Achtung, wir drehen“, tönt es durch die Stille.
Dann kommt das Ermittlerteam ins Bild - er trägt eine abgewetzte braune Lederjacke, sie ein graues Jackett. Für den ARD-Krimi „Wolfsland“ (Arbeitstitel) wird das idyllische Anwesen im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien zum Tatort - und zum Fundort einer Leiche.
Bereits seit Mitte Juli wird in Görlitz und Umgebung gedreht. Die Ermittler werden gespielt von Götz Schubert (52, „Der Turm“) als Burkhard „Butsch“ Schulz und Yvonne Catterfeld (35, „Die Schöne und das Biest“) als Viola Delbrück. Er ist ein eigenbrötlerischer Kommissar aus der Oberlausitz, sie eine junge Kriminalistin aus Hamburg - Konflikte sind programmiert. „Wir haben zwar einen Krimifall, aber im weitesten Sinne ist es ein Beziehungsdrama“, sagt Schubert. Auch für Filmpartnerin Catterfeld ist der Dreh besonders: „Zwei Menschen mit ihren Geheimnissen, Schwächen und Stärken treffen aufeinander.“
Bereits Filme wie „Der Vorleser“, „Inglourious Basterds“ oder „Grand Budapest Hotel“ entstanden teilweise an der Neiße. Erst kürzlich stand Hollywood-Star Emma Thompson in Görlitz vor der Kamera. Mittlerweile ist „Görliwood“ so bekannt, dass sich die Stadt die Marke rechtlich schützen ließ.
Nach Hollywood hat nun auch das Fernsehen Görlitz als Filmstadt entdeckt. Die Macher sehen in der Nähe zu Polen und Tschechien den Stoff für neue, grenzüberschreitende Geschichten. „Die geografische Besonderheit und die Grenznähe spielen eine wichtige Rolle“, sagt Produzentin Jutta Müller. Allerdings sei Görlitz in den bisherigen Filmen noch nie als Görlitz vorgekommen. „Bei uns ist die Stadt gewissermaßen der dritte Protagonist“, so Müller.
Auch die Schauspieler sind begeistert: „Das Schöne ist, dass viele Ecken noch so unverbraucht sind“, sagt Schubert. Seine Filmpartnerin fühlt sich an der Neiße sogar an ihre Heimatstadt Erfurt erinnert. „Die alten Häuser und Gassen, das Beschauliche.“
In seinem ersten Fall ist das Ermittlerduo mit der Leiche eines Anwalts konfrontiert sowie einem jungen polnisch-deutschen Paar, das auf seiner chaotischen Flucht Tod, Angst und Zerstörung hinterlässt.
Den Titel „Wolfsland“ haben die Macher bewusst mehrdeutig gewählt: „Der Mensch ist des Menschen Wolf, aber es geht auch um die realen Wölfe in der Lausitz“, erklärt Produzentin Müller. Immer wieder tauchen Wölfe in dem Film auf - in Träumen und in realen Szenen. Dafür wurde extra ein von einem Spezialisten dressierter Wolf an das Filmset geholt. „Wir spielen mit Mythen und mystischen Elementen, an denen diese Region reich ist.“
Noch bis zum 12. August wird in der Neißestadt und Umgebung nach Konzept und Buch von Sönke Lars Neuwöhner und Sven Poser („Tatort“) gedreht. Regisseur ist André Erkau („Tatort“). Produziert wird „Wolfsland“ von der Molina GmbH im Auftrag von MDR und ARD Degeto für das Erste. Zu sehen ist der Film voraussichtlich im April 2016, der Sendetermin an einem Donnerstagabend steht dagegen schon fest.
„Das Krimi ist als Genre sehr beliebt“, erklärte eine MDR-Sprecherin. Daher soll der Donnerstagabend neben dem „Tatort“ als zusätzlicher Sendeplatz für Krimis weiter etabliert werden. Kommt „Wolfsland“ beim Publikum gut an, könnte auch eine Reihe mit jeweils zwei Filmen pro Jahr daraus werden - mit Drehort Görlitz. „Ideen haben wir auf jeden Fall genug“, sagt Produzentin Müller.