Bilanz gezogen Hannelore Hoger: „Ich fühle mich beschenkt vom Leben“

Hamburg (dpa) - Von ihrer „Bella Block“ in der gleichnamigen ZDF-Krimireihe verabschiedet sich Schauspielerin Hannelore Hoger (74) nach mehr als 20 Jahren. Noch während der letzten Dreharbeiten dafür hat sie ein Buch vorgelegt, das am Wochenende erschienen ist.

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Erinnerungen an Privates und Berufliches schrieb die Hamburgerin dafür auf und gibt in Worten ebenso wie mit Fotos und Malereien Einblicke in ihr Leben. „Ohne Liebe trauern die Sterne“ hat Hoger das Buch betitelt und im Interview der Deutschen Presse-Agentur über die Liebe gesprochen - die zum Beruf und die in Beziehungen, stets ohne Hochzeit, aber gelegentlich mit Siebenmeilenstiefeln.

Frage: Für Ihr Buch schauen Sie zurück auf Ihr Leben. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Antwort: Bilanz habe ich oft in meinem Leben gezogen, denn ich musste immer wieder entscheiden: Was will ich eigentlich? Auch wenn es nicht so viele Alternativen gab. Ich wollte einen Beruf ausüben, ich musste Geld verdienen und für meine Tochter sorgen. Ich hatte früh eine Verantwortung und die habe ich angenommen. Meine Eltern hatten nicht so viel Geld, als dass ich hätte darauf verzichten können, selber welches zu verdienen. Außerdem war es mir immer wichtig, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Ich finde, jede Frau sollte einen Beruf haben. Ich habe nie vom Geld eines Mannes gelebt, deswegen besitze ich auch keine Villa auf Sylt. Ich wollte nie gefangen sein.

Frage: War es auch der Wunsch nach Unabhängigkeit, der Sie nie hat heiraten lassen?

Antwort: Ja, ich war nie verheiratet - aber nicht, weil ich das nicht wollte. Ich kann zwar sehr gut alleine sein und verreise auch gern alleine. Dennoch finde ich es angenehmer, in einer Zweisamkeit zu leben. Nur wenn die nicht funktioniert, dann nehme ich meine Siebenmeilenstiefel und bin weg. Ich halte auch den Anderen nicht auf, wenn er gehen will. Ich habe aber immer gern in Beziehungen gelebt, die eigentlich eheähnlich waren. Nur bevor es zum Thema Hochzeit kommen konnte, gingen sie in die Brüche. Das hatte sehr viel damit zu tun, dass ich viel gearbeitet habe und Erfolg hatte. Ich wurde bekannter - und es gibt Männer, die können das schlecht vertragen.

Frage: Dem Vater Ihrer Tochter Nina widmen Sie in Ihrem Buch nur wenige Zeilen.

Antwort: Und das bitte ich zu respektieren. Der Mann lebte damals in einer schwierigen Lebenssituation, er ist seit 46 Jahren tot. Er war Schauspieler und als Gast in Ulm engagiert. Wir haben in mehreren Stücken zusammen gespielt. Nach der Geburt haben wir uns nicht wiedergesehen. Er starb wenige Zeit nach dem Tod meines Vaters überraschend früh. Deshalb ist es auch zu keiner Begegnung mehr mit Nina gekommen. Ich habe eine wunderbare Tochter und fühle mich beschenkt vom Leben.

Frage: Fester Bestandteil Ihres Lebens ist seit mehr als 20 Jahren Ihre Hauptrolle in der ZDF-Reihe „Bella Block“. Nun drehen Sie gerade Ihren letzten Fall dafür. Wie schwer fällt Ihnen der Abschied?

Antwort: Ich habe mich in meinem Leben von so vielen Menschen und Rollen verabschiedet - ich habe das gelernt. Natürlich war es eine schöne Zeit, ich bin populär geworden und die Rolle hat mir auch finanziell geholfen. Es gibt nur Positives darüber zu berichten. Aber wie lange soll ich das noch machen? Bis ich 104 bin? Man muss auch aufhören und loslassen können. Wir haben 38 Filme gedreht, ich finde, das reicht. Und ich danke meinen Fans für ihre Treue.

Frage: Haben Sie schon Projekte oder Pläne für die Zeit danach?

Antwort: Ich möchte erst mal nicht mehr unter dem ständigen Druck leben, den man in diesem Beruf hat. Am Theater habe ich stets von einer Premiere zur nächsten gelebt, das war harte Arbeit. Beim Drehen ist es noch schlimmer, weil da kaum Zeit für Privates bleibt. Ich war immer beschäftigt und nur einmal - für drei Wochen - arbeitslos. Dafür muss man als Schauspieler nicht nur begabt sein und immer an sich arbeiten, es gehört auch großes Glück dazu. Das haben nicht so viele.

Frage: Was raten Sie jungen Kollegen?

Antwort: Die Schauspielschulen sind voll und alle wollen ganz schnell Geld verdienen. Wenn man als junger Schauspieler ein hübsches Gesicht und eine große Rolle in einer Serie hat, denkt man, das geht immer so weiter. Aber in unserem Beruf sieht es sehr bitter aus. Es gibt Schauspieler, die früher viel gespielt haben, berühmte Leute - die haben seit Jahren nichts mehr zu tun. Deswegen lassen sich auch viele Kollegen viel gefallen, etwa dass Gagen gedrückt werden, weil sie froh sind, überhaupt mal einen Drehtag zu bekommen. Frauen haben es dabei noch schwerer, denn normalerweise wird das Arbeitsleben einer Filmschauspielerin ab 40 komplizierter, weil die Rollenauswahl eingeschränkter ist.

Frage: Sie dagegen haben sich in dem Alter gerade vom Theater ab- und mehr dem Film und Fernsehen zugewandt. Wird man Sie nach dem Ende von „Bella Block“ wieder verstärkt auf der Bühne erleben?

Antwort: Ich habe Angebote auf allen Gebieten. Aber ich kenne auch die Panik davor, auf der Bühne seinen Text zu vergessen. Diese Angst wird mit dem Alter nicht kleiner. Ich freue mich jetzt vor allem erst einmal aufs Malen. Das mache ich seit acht Jahren, eine Gestalttherapie hat mich darauf gebracht. Es gibt viele Künstler, die sagen, es war für sie lebensnotwendig, sich auszudrücken. Es gibt also einen Wunsch nach Ausdruck, man möchte etwas loswerden - und das muss man gestalten. Ein Therapeut hat mir allerdings auch mal recht schnell mit auf den Weg gegeben: „Bleiben Sie bloß so, wie Sie sind. Auf Wiedersehen!“

ZUR PERSON: Ihre Karriere als Schauspielerin begann für Hannelore Hoger am Theater, wo sie mit Regisseuren wie Peter Zadek arbeitete. Mit dem Filmemacher Alexander Kluge feierte sie Erfolge etwa mit „Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos“ 1968 bei den Filmfestspielen in Venedig. TV-Zuschauern ist sie seit 1994 vor allem als kauzige Kommissarin Bella Block bekannt, ihr 38. Fall soll ihr letzter sein. Ihre 1961 geborene Tochter Nina Hoger ist ebenfalls Schauspielerin.

- Hannloere Hoger: Ohne Liebe trauern die Sterne - Bilder aus meinem Leben. Rowohlt Verlag, Reinbek, 304 S., 19,95 Euro, ISBN 978-3498030346.