Katerstimmung nach dem Wiener Opernball
Wien (dpa) - Ein verärgerter Richard Lugner, eine lustlose Kim Kardashian, ein mit Faustschlag traktierter Gast: Der 58. Wiener Opernball war ein glanzvolles Fest - doch in und vor manch teurer Loge lief das Spektakel ganz anders ab als erwartet.
„Ich werde sicher die Flugkosten, die noch offen sind, nicht zahlen“, schimpfte der 81-jährige Lugner noch am Tag danach auf seinen Stargast aus den USA. Kim Kardashian habe ihren Vertrag in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt. Keine zwei Stunden hielt es sie in seiner Loge, an gemeinsamen Tanz im von Lugner erhofften Blitzlichtgewitter war nicht zu denken, eine Autogrammstunde hatte sie abgebrochen, einen Fototermin abgesagt. Im ersten Moment war Lugner über den äußerst frühzeitigen Aufbruch der 33-Jährigen sogar froh. „Ich bin erleichtert“, bekannte er.
Wenig Spaß hatte zeitweise auch TV-Kollege Johannes B. Kerner. Ein offenkundig betrunkener Ballgast hatte den Moderator angepöbelt, als Kerner die Loge von Lugner verließ. „Wer hat ihr Ticket
bezahlt? Erklären Sie sich! Sie sind der neue Wulff!“, warf der Mann dem Moderator nach Angaben der Nachrichtenagentur APA an den Kopf. Kerner versuchte den Mann zu beruhigen, der warf aber ein Sektglas nach ihm. Daraufhin schlug ein Begleiter Kerners den Mann mit der Faust ins Gesicht und verletzte ihn so, dass er eine blutende Wunde am Kinn davontrug.
Grund genug für die Polizei Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung einzuleiten. Dafür würden „alle Zeugen, die uns zur Verfügung stehen“ befragt sowie das vorhandene Bild- und Filmmaterial ausgewertet, sagte ein Polizeisprecher.
Für Kardashian-Gastgeber Lugner war es in vielerlei Hinsicht ein schwieriger Abend. Nicht nur das It-Girl sorgte für Ärger, auch sein zweiter Stargast erwies sich als unzuverlässig. „Miss World 2011“, Ivian Sarcos, hatte ihr Flugzeug in Paris verpasst und sagte ab. Dafür wurde flugs ein Spaßvogel eingeladen. Oliver Pocher fand sich als Ersatz für die einst schönste Frau der Welt in Lugners Loge. „Ich bin ehrlich gesagt erst vor drei Stunden angerufen worden. Dann hieß es, die Miss World ist nicht da, aber Du wärst optisch genau der passende Ersatz“, sagte Pocher im ORF. „Der war recht nett“, sagte Lugner über seinen Ersatzgast.
Der früher von Demonstrationen begleitete Opernball gilt nach wie vor als eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse in der Alpenrepublik. Die Karten sind heiß begehrt. Doch diesmal machten sich internationale Gäste rar. Allein der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan („Einmal im Leben muss man
den Opernball gesehen haben“) als Gast des österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer sorgte für weltläufiges Flair.
Das mediale Interesse in Österreich ist enorm, hier verzeichnet der ORF bis zu 60 Prozent Marktanteil bei der Live-Übertragung. Aber auch in Deutschland interessiert der festliche Einzug der 144 jungen Paare, die auf dem Parkett ihr gesellschaftliches Debüt geben. Laut Marktforschungsfirma Media Control sahen am Donnerstagabend auf 3sat 920 000 Zuschauer zu.
Die mehr als 5000 Ballgäste kümmerte der Rummel um Kardashian wenig. Die Hauptsache neben dem Tanz schien der Schaulauf in den prächtigen Roben und dem oft ordengeschmückten Frack. Wobei der enge Frack für die Herren nicht jedermanns Sache ist. DJ Ötzi bekannte am Rande des Parketts: „Es ist schwierig, in so was reinzukommen.“ Wem ein textiles Malheur passiert, wenn die Nähte von Frack und Ballkleid reißen, dann hat die Oper vorgesorgt. Zwei hauseigene Schneiderinnen und ein Schuhmacher stehen bereit, den Schaden umgehend zu reparieren. „Sonst wäre der Abend schnell vorbei“, sagt der Schuhmacher lächelnd.