Zweites ESC-Halbfinale: Die Kandidaten und ihre Chancen
Berlin (dpa) - Vom Walzer bis zum Orient: 17 Länder kämpfen in Wien am Donnerstag (21. Mai) ab 21 Uhr beim zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contest (ESC) um den Einzug in den Hauptwettbewerb.
Die Startreihenfolge:
1. LITAUEN Monika Linkyte & Vaidas Baumila „This Time“. Schöner Einfall, so eine Bühnennummer mit einem Kuss in der Mitte. Dennoch: In diesem (gecasteten) Paar herrscht ungefähr so viel Erotik wie beim „Musikantenstadl“. Das nimmt der fröhlichen Neo-Folk-Nummer nichts von ihrem Schwung. „This Time“ hat gute Chancen, viel zu erreichen.
2. IRLAND Molly Sterling „Playing With Numbers“. Grand-Prix-Experten haben Molly Sterlings Nummer als Walzer bezeichnet. Sie begleitet sich selbst am Keyboard durch ein Lied, das vom Trennungsschmerz handelt. Perfekt als Radio-Ohrwurm, beim ESC eher ein Außenseiter.
3. SAN MARINO Michele Perniola & Anita Simoncini „Chain Of Lights“ Der Italiener und die San-Marinesin sind mit 16 und 15 dieses Jahr die Jüngsten im ESC-Zirkus. Ihr Lied klingt leider sehr viel älter, da haucht einen der Atem von 80er-Jahre-Schlager an. Es stammt aus der Feder von Ralph Siegel und Bernd Meinunger, die mit Nicoles „Ein bißchen Frieden“ 1982 den ESC gewannen. Nun droht ein letzter Platz.
4. MONTENEGRO Knez „Adio“. Wer Balkan-Pop mag, der wird sich bei Nenad Knežević, Künstlername Knez, im siebten Himmel fühlen. Da schluchzt die Geige, und auch der Sänger scheint gleich in Tränen auszubrechen. Der Kopf hinter dem schönen Lied gehört Komponist Željko Joksimović, auf dem Balkan ein Superstar. Sehr gute Chancen!
5. MALTA Amber „Warrior“. Zwei Länder, zwei Acts, ein Songtitel. Sowohl Georgien als auch Malta gehen mit einem Lied namens „Warrior“ (deutsch: Krieger) ins Rennen. Kräftig ankämpfen muss die maltesische Sängerin Amber vor allem gegen eine dröhnende Soundkulisse. Das ist zwar einprägsam, aber deutlich zu wenig für einen ESC-Sieg.
6. NORWEGEN: Mørland & Debrah Scarlett „A Monster Like Me“. Was für schöne Stimmen, was für eine starke Melodie. Das Duett klingt wie ein Coldplay-Album aus besseren Tagen. Dazu das für den ESC ungewöhnliche Thema: Dass man als Kind jemanden getötet hat. Mindestens Top Five.
7. PORTUGAL Leonor Andrade „Há um mar que nos separa“. Das Wort „nichtssagend“ beschreibt diesen Song wohl am besten. Gefühlt besteht „Há um mar que nos separa“ (Es gibt ein Meer, das uns trennt) nur aus dem Refrain von Leonors etwas leiernder Stimme, viel Chor und einem dröhnenden Synthesizer. Da hilft auch nix, dass sie klasse aussieht.
8. TSCHECHIEN Marta Jandová & Vaclav Noid Barta „Hope Never Dies“. Zuschauer aus der Bundesrepublik kennen Marta Jandová als Sängerin der deutschen Alternative-Band Die Happy. Ihr zur Seite steht der Muskelprotz Václav Noid Bárta, der eine breite Klaviatur von Metal bis Musical drauf hat. Ihre Ballade könnte recht weit oben landen.
9. ISRAEL Nadav Guedj „Golden Boy“. Schon so wieder so eine traurige ESC-Ballade, möchte man anfangs seufzen. Und dann legt Nadav Guedj nach 30 Sekunden so richtig los. Viel gute Laune, viel orientalisches Temperament und ein bisschen Justin Timberlake. Der israelische Sänger könnte an frühere Erfolge seiner Heimat beim ESC anknüpfen.
10. LETTLAND Aminata Savadogo „Love Injected“. Zwischen dem schicken elektronischen Beat, der kommt und geht, und der glasklaren Stimme der Afro-Lettin Aminata Savadogo klafft eine Lücke. Grandiose Musik für Modegeschäfte und Friseure, aber beim ESC wohl eher chancenlos.
11. ASERBAIDSCHAN Elnur Hüseynov „Hour Of The Wolf“. Zunächst zaghaft und dann mit voller Wucht wirft Hüseynov sich in die schöne Ballade. Die vermutlich stärkste Stimme dieses ESC-Wettbewerbs. Sie „umfasst beachtliche fünfeinhalb Oktaven, wie die Stimme von Maria Carey - und dabei sieht der 28-Jährige auch noch besser aus“, lobt eurovision.de.
12. ISLAND María Ólafsdóttir „Unbroken“. María Ólafsdóttir wird gern mit Emmelie de Forest verglichen, die 2013 den ESC nach Dänemark holte. Auch so eine zierliche, nordische Elfengestalt, ohne Schuhe, aber mit Hammerstimme. Ihre ESC-Chancen gelten jedoch als eher klein.
13. SCHWEDEN Måns Zelmerlöw „Heroes“. Alle mal mitgrölen, bitte! Mit einem kräftigen „Hiiii-Oh-Wow-Wow-Wow-Ow-Wow“ empfiehlt sich Måns Zelmerlöw für den ESC-Sieg und alle Großraumdiscos der westlichen Welt. Die Buchmacher sehen das Lied auf dem Siegertreppchen.
14. SCHWEIZ Mélanie René „Time To Shine“. Der Song klingt ein bisschen nach der US-Sängerin Anastacia und geht mit viel Druck nach vorn. Die Schweiz hat damit relativ gute Aussichten.
15. ZYPERN Giannis Karagiannis „One Thing I Should Have Done“. Mit schmachtender Singer-Songwriter-Musik geht die Mittelmeerinsel in den Wettbewerb. Leute wie Ed Sheeran sind mit diesem Stil Weltstars geworden, beim Grand Prix droht Zypern damit unterzugehen.
16. SLOWENIEN Maraaya „Here For You“. Einen Spitzen-Act bringt Slowenien dieses Jahr an den Start. Auch wenn die riesigen Kopfhörer, die Maraaya stets auf ihren Ohren trägt, sehr spleenig sind - sie hat eine Stimme, die stark an Duffy erinnert. Und das Lied ist ein genialer Popsong, der beim ESC viele Zuschauer überzeugen wird.
17. POLEN Monika Kuszynska „In The Name Of Love“. Das gab's noch nie: Eine Rollstuhlfahrerin auf der ESC-Bühne. Monika Kuszynska ist seit einem Unfall querschnittsgelähmt und wirbt mit einem zuckersüßen Lied für mehr Toleranz. ESC-Beobachter sehen aber wenig Siegerpotenzial.