Gewitterfront wütet in Teilen Deutschlands
München (dpa) - Grüne Wiesen, braune Äcker - und weit und breit kein Schnee. Stattdessen richtet Orkantief „Anna“ mit einer Gewitterfront schwere Schäden an: Die Unwetter töten in Nordrhein-Westfalen eine junge Frau und setzten Essens höchste Kirche in Brand.
Gewitter statt Winter: Während Frost und Schnee im neuen Jahr weiter auf sich warten lassen, hat Orkantief „Anna“ mit einer heftigen Gewitterfront in Teilen Deutschlands schwere Schäden hinterlassen. Die Unwetter steckten einen Kirchturm in Brand und deckten Dächer ab - eine Frau starb. In Nordhessen soll ein Tornado getobt haben.
Orkantief „Anna“ zog mit einer Gewitterfront über Nordrhein-Westfalen, Nordhessen und Niedersachsen hinweg. In Erkelenz starb am Freitagabend eine junge Frau, als eine heftige Windböe in einem Rohbau eine frisch gemauerte Wand umwarf und die 23-Jährige unter sich begrub. In Essen steckte ein Blitz die höchste Kirche der Stadt in Brand. Die Feuerwehr forderte einen 84 Meter hohen Spezialkran an, um die Flammen zu bekämpfen. Sie löschte den Brand erst nach mehreren Stunden am Samstagmorgen. In Mettmann traf ein umstürzender Baum einen Passanten. In Bochum kollidierte ein Radfahrer mit einem umgewehten Bauzaun. Die Männer wurden schwer verletzt.
In der nordhessischen Gemeinde Knüllwald deckte möglicherweise ein Tornado am späten Freitagabend etwa 20 Dächer ab. „Außerdem sind 50 Bäume umgeknickt oder entwurzelt worden, und umherfliegende Dachziegel beschädigten ein Auto schwer“, sagte Gemeindebrandinspektor Ullrich Laabs am Samstag. „Ich habe ein Geräusch gehört, als würde ein schwerer Diesellaster vorbeifahren. Maximal zehn Sekunden. Dann war alles vorbei.“ Kurz darauf machten Feuerwehrleute eine Schneise von 800 Metern Länge und rund 30 Metern Breite aus. „Meinem Nachbarn hat es das Dach komplett abgedeckt, und bei mir ist gar nichts“, erzählte Laabs.
Dass ein Tornado durch Knüllwald fegte, war jedoch zunächst nicht sicher. Auch normale Gewitter könnten Dächer abdecken, sagte Simon Trippler vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Ein Tornado-Experte des DWD werde Anfang der Woche untersuchen, was der Grund für die Schäden in der Gemeinde war.
Der Winter soll in den nächsten Tagen mild bleiben. Anfang kommender Woche klettern die Temperaturen auf bis zu 15 Grad, sagte Trippler. „Voraussichtlich bleibt uns diese Großwetterlage vorerst erhalten. Ein Wintereinbruch ist daher zunächst nicht in Sicht.“
Am Sonntag soll es demnach im Osten Deutschlands regnen, sonst wird es trocken und teils sonnig bei fünf Grad im Alpenvorland und bis zehn Grad am Oberrhein. Zum Wochenbeginn erreichen dann Ausläufer von Tief „Christina“ den Westen Deutschlands und bringen Regen und Wind. Am Montag liegen die Temperaturen voraussichtlich zwischen 4 und 14 Grad, am Dienstag zwischen 6 und 15 Grad. Bis Freitag sinken sie dann langsam. „Möglicherweise werden die Weichen dafür gestellt, dass der Winter bei uns Einzug hält“, sagte Trippler. Für eine genaue Vorhersage sei es jedoch zu früh.
Einer alten Bauernregel zufolge sei der Stichtag 6. Januar ein guter Gradmesser für den weiteren Verlauf des Winters. Sie besagt: „Ist bis Dreikönig kein Winter, so folgt auch keiner mehr dahinter.“ Sollte der Winter bis dahin mild bleiben, werde es DWD-Statistiken zufolge bis Ende Februar wahrscheinlich nicht drastisch kälter, so Trippler.
Bis Mitte Januar werde es lediglich oberhalb von 1000 Metern Neuschnee geben, hieß es beim DWD weiter. Skifahrer kommen also am ehesten in den Alpen auf ihre Kosten. Dort sollen am Sonntag fünf bis zehn Zentimeter Schnee fallen. Im Skigebiet der Zugspitze sind nahezu alle Skilifte geöffnet, wie ein Sprecher am Samstag sagte. Auf Deutschlands höchstem Berg (2962 Meter) lagen rund 1,30 Meter Schnee. Auf dem Großen Arber im Bayerischen Wald waren es am Samstag 20 Zentimeter.