Gladbecker Geiselnehmer hat Mindesthaft verbüßt
Vor 25 Jahren schickte Richter Rudolf Esders die Gladbecker Geiselgangster hinter Gitter. Dort sitzen sie immer noch - für ein Verbrechen, das in die deutsche Kriminalgeschichte einging. Ihre Mindesthaftdauer haben sie inzwischen verbüßt.
Gladbeck/Düsseldorf. (dpa) - Schon Monate vor dem Urteil hatte Hans-Jürgen Rösner gefordert, ihm endlich sein „Lebenslang“ zu verpassen, damit „die Muppet-Show“ ihr Ende habe. Gemeint war der Strafprozess gegen ihn und seinen Komplizen Dieter Degowski. Als das Essener Landgericht am 22. März 1991 nach 109 Verhandlungstagen das Urteil verkündete, bekam Rösner seine lebenslange Freiheitsstrafe - und anschließende Sicherungsverwahrung dazu. Das war vor 25 Jahren. Zu dem Zeitpunkt saßen beide bereits seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft.
Ein aus dem Ruder gelaufener Bankraub hatte sich im August 1988 zu einem in der deutschen Kriminalgeschichte beispiellosen Verbrechen entwickelt, das sich 54 Stunden lang über Hunderte Kilometer quer durch die damals noch geteilte Republik zog und vor den Augen der Öffentlichkeit stattfand. In der Kölner Fußgängerzone gaben die Schwerverbrecher während der Tat Interviews - dafür mussten die Medien später viel Kritik einstecken. Am Ende des Gladbecker Geiseldramas waren zwei erschossene junge Geiseln und ein toter Polizist zu beklagen.
Inzwischen haben beide Schwerverbrecher mehr als 27 Jahre hinter Gittern verbracht. Der heute 59 Jahre alte Degowski hat im Gefängnis in Werl seine Mindesthaftdauer von 24 Jahren abgesessen - er war unter anderem wegen Mordes zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt worden.
2013 hatte das Landgericht Arnsberg Lockerungen für ihn angemahnt. Inzwischen hat er nicht nur begleitete, sondern auch schon mehrere unbegleitete Ausgänge unternehmen dürfen - und kehrte ohne Beanstandungen wieder zurück. Einen Entlassungstermin gibt es für ihn aber nach wie vor nicht.
Es war Degowski, der an der Raststätte Grundbergsee den 15-jährigen Emanuele De Giorgi erschoss, weil die Polizei die Freundin Rösners festgenommen und nicht rasch genug wieder freigelassen hatte. Dass er den jungen Italiener für den Mord auswählte, der sich noch schützend vor seine kleine Schwester gestellt hatte, begründete der Sonderschüler so: „Ich kann Ausländer sowieso nicht leiden“ und „Reg' dich nicht so auf, das war doch nur ein Kanake“.
Die Mindestverbüßungsdauer von Rösner, ebenfalls 59 Jahre alt, endete vor wenigen Tagen am 27. Februar 2016. Rösner sitzt in Aachen ein. Im vergangenen Herbst durfte er erstmals raus: für eine „begleitete Ausführung zum Erhalt der Lebenstüchtigkeit“, in Fesseln.
Ein Entlassungstermin zeichne sich für Rösner noch nicht ab, teilte das NRW-Justizministerium mit. Das sieht sein Anwalt Rainer Dietz ebenso: „In den nächsten fünf Jahren ist damit nicht zu rechnen.“ Die erste bewachte Ausführung habe er sich gerichtlich erstreiten müssen. Dennoch habe es eineinhalb Jahre gedauert, bis er tatsächlich raus durfte. Inzwischen habe sich Rösner zum ersten Mal ausführlich von einem Psychiater untersuchen lassen. Das Ergebnis stehe noch aus.
Den Tod der 18-jährigen Geisel Silke Bischoff verschuldete nach Worten des Richters allein Rösner. Leichtfertig habe er die Waffe auf die verängstigte junge Frau gerichtet, nachdem die Polizei ihre Befreiungsaktion auf der Autobahn bei Bad Honnef gestartet hatte. Allerdings konnte das Gericht nicht ausschließen, dass sich der tödliche Schuss aus Rösners Waffe genau in dem Moment löste, als er von einer Polizeikugel getroffen wurde.
Das Urteil beinhaltete eine Reihe weiterer Straftaten, die während des Geiseldramas begangen wurden. So etwa mehrere Mordversuche an Polizisten, oder an Menschen, die die Gangster dafür hielten.