Grimme-Jury zieht beim Dschungel-Camp die Reißleine
Düsseldorf (dpa) - Dem Grimme-Preis bleiben dicke Diskussionen erspart: Die wegen ihrer Ekelprüfungen umstrittene RTL-Dschungelshow „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“ aus dem australischen Dschungel ist über den Nominierungsstatus nicht hinausgekommen.
Damit bleiben auch posthume Ehren für Mitmoderator Dirk Bach aus. Der 51-Jährige erlag im vergangenen Jahr einem Herzleiden.
Profitieren konnten die unverfänglicheren Formate „Switch Reloaded“ und „Der Tatortreiniger“, die mit dem Grimme-Preis bedacht werden. Es sei allerdings in der Kategorie Unterhaltung wie die Suche im Dschungel gewesen. Es sei schwer gewesen, Neues und gleichzeitig Gutes zu finden, meinte der Jury-Vorsitzende und Medienwissenschaftler Gerd Hallenberger am Mittwoch in Düsseldorf bei der Bekanntgabe der Preisträger.
Beim „Tatortreiniger“ fiel es der Jury jedoch nicht schwer. Die Folge „Schottys Kampf“ im rechtsextremen Umfeld halte nicht nur das Niveau der ganzen Reihe. Es sei auch gelungen, Neonazis gleichzeitig der Lächerlichkeit preiszugeben und nicht zu verharmlosen. Auch bei der „Switch Reloaded“-Folge, in der das erste „Wetten, dass..?“-Spektakel mit Markus Lanz parodiert wird, musste die Jury sich nicht lange bitten lassen. Die Spezialausgabe sei eine Höhepunkt in der intelligenten Parodiereihe, meinte Hallenberger.
Ein paar warme Worte für das Dschungel-Camp hatte der Medienexperte aber übrig. Einige Argumente der Nominierungskommission seien nachvollziehbar. So sei das Dschungel-Camp handwerklich hervorragend gemacht und spiegele gewisse gesellschaftliche Entwicklungen. „Gutes Handwerk ist aber nicht gleich preiswürdig“, betonte Hallenberger. Gesellschaftlich verglich er die Entwicklung des Dschungel-Camps mit der Agenda 2010. „So gut wie jeder Job ist zumutbar. Das gilt nicht nur für den Arbeitsmarkt, sondern auch für die Camp-Bewohner.“ Das seien Menschen, die Geld brauchen oder Prominente, die wieder bekannt werden wollen. Alles in allem erfülle die Serie nicht die Grimme-Vorgabe, ein Wegweiser für die Zukunft und ein Vorbild zu sein.
Bei der großen Preis-Gala im Stadttheater von Marl (Westfalen) am 12. April haben es die Grimme-Macher nach dem Preis-Aus der Dschungel-Show mit bewährten Stoffen zu tun. Sie können Auszeichnungen für solide Dokumentationen, Hintergründe und gut gemachte Filme übergeben.
Mit dem preisgekrönten Roman „Der Turm“ von Uwe Tellkamp hat die ARD nicht nur einen geistreichen Mehrteiler über die Endzeit der DDR gezeigt. Die Macher haben auch die schwierige Buchvorlage - der Einstieg lässt so manchen Leser straucheln - einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Schauspielerin Claudia Michelsen hatte das Problem nicht, wie sie meinte. Sie hatte zuerst das Drehbuch gelesen.