Hans Eichel auf der Documenta: Von Zahlen kann er nicht lassen

Der frühere Finanzminister Hans Eichel führt Besucher über die Documenta in Kassel — und spricht auch über Kosten.

Kassel. So ganz kann Hans Eichel den Finanzminister in sich nicht abschütteln. „Das Einzige, was wir der künstlerischen Leitung vorgeben, ist, im Kostenrahmen zu bleiben“, sagt der frühere Bundesfinanzminister über die Freiheiten eines Documenta-Kurators.

Gebannt hören ihm mitten auf dem Kasseler Friedrichsplatz ein Dutzend Kunstinteressierte zu.

Die Zeit seiner großen Reden ist vorbei — Gehör findet Eichel aber immer noch. Denn der SPD-Politiker führt derzeit Besuchergruppen über die Documenta. Die weltweit wichtigste Ausstellung für zeitgenössische Kunst hat in Kassel noch bis zum 16. September geöffnet.

„Das macht mir viel Spaß. Es gibt so unglaublich viel zu entdecken“, erzählt der 70-Jährige nach seiner ersten Tour. Wie alle anderen rund 160 Worldly Companions („weltgewandte Begleiter“), die als Kasselkenner und Kunstlaien Führungen machen, hat auch Eichel an Vorbereitungsseminaren teilgenommen. „Und beim historischen Teil habe ich mich noch mal vergewissert.“

Eines hat der bekannteste Begleiter dem Documenta-Geschäftsführer Bernd Leifeld für die Zusage aber abgerungen. „Ich muss nicht so viel über Gegenwartskunst reden, weil ich da Hemmungen habe“, betont Eichel. Ob er Kunstfan sei, wisse er nicht genau. „Da bin ich vorsichtig.“ Aber die Documenta habe dazu geführt, dass er moderne Kunst schön finde. „Aber nicht alles!“

Eichel führt die Gruppe mit seinem großen, grünen „Worldly Companion“-Schild über den Friedrichplatz ins „Gehirn“ der Documenta, dem Fridericianum. Der Ex-Bundesfinanzminister (1999 bis 2005) weiß viel über seine Heimatstadt Kassel und plaudert ein bisschen aus dem Nähkästchen.

So habe er einiges aushalten müssen, als Walter De Maria 1977 den Vertikalen Erdkilometer zur Documenta 6 mitten in den Friedrichsplatz gebohrt habe. „Ein riesiger Aufstand. Die Volksseele kochte.“

Dies sei zwar drei Wochen vor der Kommunalwahl ein gefundenes Fressen für die CDU-Opposition in der Stadt gewesen, diese habe das Thema allerdings nach Gesprächen bewusst nicht ausgeschlachtet. Als dann die Tiefgarage unter dem Platz gebaut worden sei, habe der Künstler verfügt dass der Erdkilometer nicht zu sehen sein dürfe. „Die Arbeit findet nur im Kopf statt“, sagt Eichel.

Stress gab’s auch fünf Jahre später, als Joseph Beuys für sein Kunstprojekt „7000 Eichen“ 7000 Basaltstelen auf den Platz kippen ließ und diese dort fünf Jahre lagerten. „Ich fand’s zauberhaft, viele Kasseler haben es gehasst“, konstatiert Eichel.

Besucher Karl-Josef Bohrer ist zufrieden. „Man merkt dass er sich mit der Documenta beschäftigt hat“, sagt der Pfälzer. Begeistert habe ihn der Brückenschlag aus der Vergangenheit zur heutigen Documenta. Auch Cordula Kirschner aus Wiesbaden freute sich über ihren weltgewandten Begleiter. „Wie flüssig er Zusammenhänge gewusst hat, hat mich beeindruckt.“