Helfer bergen mehr als 120 Tote nach Fährunglück in Südkorea
Seoul (dpa) - Die Bergungsarbeiten an der gesunkenen Fähre „Sewol“ kommen voran. Für viele Angehörige gibt es inzwischen traurige Gewissheit - denn die Zahl der gefundenen Toten steigt weiter an.
Taucher bergen aus dem Wrack der vor einer Woche gesunkenen südkoreanischen Fähre „Sewol“ immer mehr Tote. Bis zum späten Dienstagabend (Ortszeit) wurden mehr als 120 Leichen entdeckt. Etwa 180 der ursprünglich 476 Menschen an Bord - die meisten von ihnen Teenager auf einem Schulausflug - galten weiter als vermisst. Die Hoffnung der Angehörigen, vielleicht doch noch Überlebende aus einer etwaigen Luftblase im Inneren des Schiffs retten zu können, erfüllte sich bisher nicht.
Viele Fragen zum Verlauf der Katastrophe vom Mittwoch vergangener Woche sind immer noch offen. Besseres Wetter und Niedrigwasser erleichterten den Einsatzkräften derweil die Arbeit. Die Familien der vermissten Insassen hatten gefordert, die Suchaktion bis zu diesem Donnerstag abzuschließen.
Bei ihren Vorstößen ins Innere des Wracks in bis zu 20 Metern Tiefe durchsuchten die Taucher laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap unter anderem Kabinen und einen Speisesaal. Vermutlich wurden dort die meisten der Passagiere bei der Havarie eingeschlossen. Bei der Suche wurden auch Tauchroboter eingesetzt. Anzeichen auf Überlebende blieben weiterhin aus. Rund um die gesunkene Fähre lagen Boote mit Fangnetzen im Meer, um zu verhindern, dass Leichen von der Strömung mitgerissen werden.
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Auto- und Personenfähre während einer Richtungsänderung kenterte. Anders als ursprünglich angenommen, habe es aber vermutlich keine scharfe Wende von mehr als 90 Grad gegeben, berichteten südkoreanische Sender unter Berufung auf das Ministerium für Meeresangelegenheiten. Anhand wiederhergestellter Daten zur Bestimmung der Schiffsposition sei festgestellt worden, dass das Schiff um 45 Grad nach rechts gesteuert worden sei. Dabei könnte es infolge verrutschter Ladung an Stabilität verloren haben.
Angehörige der Vermissten hofften noch immer, dass Überlebende gefunden werden. Etwa 250 der mehr als 300 Todesopfer und Vermissten waren Schüler aus der Nähe von Seoul. Sie waren zur südlichen Urlaubsinsel Cheju unterwegs.
174 Menschen an Bord konnten gerettet werden, darunter der Kapitän und die meisten der anderen 28 Besatzungsmitglieder. Den leitenden Besatzungsmitgliedern wird vorgeworfen, sich frühzeitig selbst gerettet und das sinkende Schiff im Stich gelassen zu haben. Auch wird untersucht, warum unmittelbar nach dem Kentern keine Evakuierung angeordnet wurde. Aufzeichnungen zeigten, dass die Besatzung die Räumung des untergehenden Schiffes um mindestens eine halbe Stunde hinausgezögert hatte, berichteten südkoreanische Fernsehsender.
Am Dienstag wurde ein weiteres Besatzungsmitglied festgenommen, wie Yonhap berichtete. Dabei handele es sich um einen Offizier, der am Montag einen Selbstmordversuch überlebt habe. Mit ihm erhöhte sich die Zahl der festgenommen Crewmitglieder auf acht. Der Kapitän, die Dritte Offizierin, die zum Zeitpunkt der Havarie das Schiff steuerte, sowie der Steuermann sitzen schon seit Samstag in U-Haft. Ihnen droht unter anderem eine Anklage wegen Fahrlässigkeit und Verstoßes gegen die Dienstpflichten.
War die Suche anfangs von widrigem Wetter und starker Strömung erheblich erschwert worden, klärte sich das Wetter in den vergangenen Tagen auf. Auch Niedrigwasser begünstigte die Suche.