„Hey Baby!“ - Playboy Rolf Eden wird 85
Rolf Eden wird 85. Er gilt als Deutschlands letzter Playboy. Spielt er diese Rolle immer noch?
Berlin. Natürlich läuft da noch was mit den Frauen. Rolf Eden muss das deutlich machen, mehrfach. Er hat einen Ruf zu verlieren: Der ehemalige Nachtclub-Besitzer gilt als letzter Playboy Deutschlands. An diesem Freitag wird er 85 Jahre alt.
Eden war mal für ein Stadtmagazin „der peinlichste Berliner“. Für ihn ein Ehrentitel. Wie geht's? „Wie neu, überall. Wollen Sie mal ausprobieren, Madame?“, sagt Eden. Der Legende nach hat er in den 50er Jahren die Vokabel „Abschleppen“ von Frauen geprägt. Er hat sieben Kinder mit sieben Frauen, fährt Rolls Royce und trägt noch immer weiße Jacketts.
Eden sitzt in seinem Stammcafé in Schmargendorf. Das ist tiefes West-Berlin: Nebenan ist ein Salon von Udo Walz, im Viertel sind alte Damen mit Mohair-Mütze und Pelz unterwegs. Eden, blonde Haare, weiße Slipper, rosa Pullover, ist gealtert. Die Stimme ist leiser als früher. Das hält ihn nicht davon ab, einige Eden-Sätze rauszuhauen. „Ich bin sehr gefragt bei den jungen Damen.“ Ob er das Alter gar nicht spürt? „Doch hier, er will nicht so oft.“ Eden deutet auf den Schritt. „Hey Baby!“, ruft er zwischendurch einer Bekannten mittleren Alters im Café zu.
Wie hält er sich fit? „Nur mit Liebe. Kein Sport.“ Seine Dauerfreundin Brigitte (ausgesprochen: „Brischid“) hat laut Eden angeblich nichts gegen seine Eskapaden und Bordellbesuche. Wenn der alte Herr in seiner Lieblingsbar eine unbekannte Dame kennenlernen will, fragt er sie, was der Ehemann arbeitet, um herauszufinden, ob sie einen hat. Wenn nicht, sagt er: „Das ist aber eine sehr gute Nachricht.“ Er hat die Artikel über sich in Aktenordnern gesammelt. „Ich bin pressegeil. Ich liebe das.“ Die beste Entscheidung seines Lebens sei gewesen, dass er nie geheiratet habe.
Die Playboy-Rolle, die Anekdoten und schlüpfrigen Sprüche sind die eine Seite. Eden ist ein Stück Nachkriegsdeutschland. Er hat mit seinen Clubs viele Jahre das West-Berliner Nachtleben geprägt, er soll mit den Rolling Stones gefeiert und mit Ella Fitzgerald getanzt haben. Einmal ließ sich eine Tänzerin in einem Eden-Lokal von einem Pferd die Kleider vom Leib ziehen. Wer in den 80er Jahren auf Klassenfahrt in West-Berlin war, musste ins „Big Eden“ am Kurfürstendamm.
Die Clubs hat er schon vor Jahren verkauft. Von seinen Berliner Immobilien mit ungefähr 800 Mietern kann er sehr gut leben, sagt Eden. „Bei Mietwohnungen muss man nur die Säcke mit dem Geld in die Bank tragen.“
Bei der Berlinale 2011 warf der Dokumentarfilm „The Big Eden“ einen Blick hinter die Kulissen. Seine Freundin Brigitte, etwa ein halbes Jahrhundert jünger als er, sagt darin: „Er ist in der Pubertät steckengeblieben.“ Sein jüngster Sohn Kay, damals 13, wünschte sich, es wären nicht immer „Kamerafuzzis“ um seinen Vater herum.
Eden sei sehr unkompliziert, geduldig und fast immer gut gelaunt gewesen, erzählt Filmemacher Peter Dörfler. „Seine Standardantwort, wenn ich ihn fragte, ob wir uns treffen können: „Wann Sie wollen, wo Sie wollen“.“
Dörfler machte in seinem Film nicht den Fehler, Edens Fremdschäm-Aktionen aufzulisten, sondern zeigte auch eine bis dahin wenig bekannte Seite. Rolf Shimon Eden kommt aus einer jüdischen Familie und spricht Hebräisch, seine Eltern flohen 1933 vor den Nazis aus Berlin nach Palästina.
1948 war er im arabisch-israelischen Krieg Soldat in der Einheit von Izchak Rabin. Sein Bruder hat in Haifa das Hotel der Eltern geerbt und lebt noch heute dort, erzählt Eden. Seine jüdischen Wurzeln und die Religion seien ihm nie wichtig gewesen - ein „Quatsch, den sie mal vor 5000 Jahren erfunden haben“. Die Deutschen seien immer nett zu ihm gewesen.
Was für eine Story: Als junger Musiker las er in Paris in der Zeitung, dass Berlin-Rückkehrern eine Prämie von 6000 Mark winkt. Eden eröffnete 1957 in der Frontstadt des Kalten Krieges seinen ersten Jazzclub. Dann die Karriere als Discokönig und als Playboy, neben ihm trug eigentlich nur Gunter Sachs diesen Titel. Den Geburtstag will Eden mit seiner Familie in einem Restaurant in Dahlem feiern. Mittlerweile hat er fünf Enkel und zwei Urenkel.
Eden will 100 Jahre alt werden. „Immer nur Glück gehabt“ - so hat der Daueroptimist seine Biografie genannt. „So war es, das ganze Leben.“ Träume oder Pläne habe er nicht. Es solle sich nur nichts verändern. „Mein ganzes Leben ist so schön.“