Hohe Haftstrafen im Potsdamer Rocker-Prozess
Potsdam (dpa) - Nach einer Messerattacke im Rocker-Milieu sind zwei Angehörige der Hells Angels wegen versuchten Mordes vom Landgericht Potsdam zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
Die 30 und 23 Jahre alten Männer sollen für zwölf beziehungsweise zwölf Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Wegen weiterer Straftaten erwartet den Jüngeren eine Haftstrafe von insgesamt 16 Jahren und drei Monaten. Zudem müssen die Rocker rund 22 000 Euro an das Opfer zahlen. Die Verteidiger wollen in Revision gehen.
Nach Überzeugung des Gerichts haben die beiden Verurteilten einen Rocker des konkurrierenden Clubs MC Gremium am 25. Dezember 2011 in Königs Wusterhausen in Brandenburg niedergestochen. „Es war ein Racheakt und eine Machtdemonstration“, sagte Richter Frank Tiemann am Donnerstag. Das Opfer hatte den Präsident des „Hells Angels Motorradclubs Oder-City“ beleidigt.
Ein mitangeklagter Rocker (29) verließ das Gericht als freier Mann. Die Richter sprachen ihn - wie von der Staatsanwaltschaft beantragt - mangels Beweisen frei. Dem Mann steht eine Entschädigung für die rund einjährige Untersuchungshaft zu.
Die Messerattacke gilt als Auslöser für einen Angriff von Rockern auf einen unbeteiligten 16-Jährigen am Silvesterabend 2011 vor einer Diskothek in Königs Wusterhausen. Rocker hatten den Jugendlichen fast zu Tode geprügelt, weil sie ihn für ein Mitglied der Hells Angels hielten. Dieser Fall beschäftigt das Landgericht Cottbus. Dort müssen sich vier Rocker unter anderem wegen versuchten Mordes verantworten.
Aus Sicht der Sicherheitsbehörden war dieser Angriff der bisherige Höhepunkt der Gewalteskalation zwischen den verfeindeten Rockerclubs in Brandenburg. Anfang Juli schaltete sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein: Er verbot die Rockergruppe „Regionalverband Gremium Motorcycle Club (MC) Sachsen“, weil sich diese über Landesgrenzen hinweg auch auf Brandenburg konzentrierte. Gleichzeitig löste Brandenburgs Innenministerium zwei Gruppierungen der Hells Angels auf. Ihnen werden zahlreiche Straftaten vorgeworfen, darunter Körperverletzung, Geiselnahme, Erpressung und Betrug.
Aus Sicht der Verteidiger ist das Potsdamer Urteil politisch motiviert. „Die Richter wollten ein Exempel statuieren“, sagte Stefan Tierel. Sein Mandant sei nicht an der Tat beteiligt gewesen. Das heute 27 Jahre alte Opfer hatte die Männer anhand ihre auffälligen Tätowierungen im Gesicht beziehungsweise am Hals erkannt.
Die Potsdamer Richter stützten ihr Urteil im wesentlichen auf die Angaben des Opfers. Die Aussage des Gremium-Rockers sei glaubwürdig, so Richter Tiemann. Obwohl dies in Rockerkreisen verpönt sei, habe dieser - auch zur Überraschung der Polizei - ausgesagt. „Er war sichtlich bemüht, reinen Tisch zu machen“, sagte Tiemann. Das Opfer befindet sich im Zeugenschutzprogramm und hat eine neue Identität erhalten.