Horst Tappert - Ein Riss im Image des korrekten Inspektors
Horst Tapperts Familie bestätigt, dass der Derrick-Darsteller bei der Waffen-SS war. Durch Zufall hatte das ein Solinger Forscher aufgedeckt.
Solingen. Er ist einer der berühmtesten Deutschen, in 102 Ländern hat Horst Tappert (1923 — 2008) als der stets korrekte, in einen Trenchcoat gehüllte Oberinspektor Derrick ermittelt. Ein Zuschauer-Liebling. Doch dieses Image bekommt nun einen Riss.
Der gebürtige Elberfelder (heute Wuppertal) ist nach Behördenangaben während der Nazi-Zeit Mitglied der Waffen-SS gewesen. Das belege eine Kartei bei der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WASt) in Berlin, sagte eine Sprecherin der zuständigen Aufsichtsbehörde am Montag. Tapperts Sohn habe die Kartei nun freigegeben, sagte der Leiter Hans-Hermann Söchtig.
Erste Reaktion auf die Enthüllung: Der niederländische Fernsehsender Max nimmt „Derrick“ aus dem Programm. „Wir werden keinen Schauspieler ehren, der so über seine Vergangenheit gelogen hat“, sagte Senderdirektor Jan Slagter.
Tapperts SS-Zugehörigkeit aufgedeckt hat der Solinger Professor für Politikwissenschaften Jörg Becker . Eher zufällig stieß er bei Recherchen zu der jüngst erschienenen Biografie „Elisabeth Noelle-Neumann — Demoskopin zwischen NS-Ideologie und Konservatismus“ auf die Spur.
Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gründete Noelle-Neumann nach dem Krieg das Theaterunternehmen „Interessengemeinschaft Freilichtspiele“, für das auch Tappert 1947 tätig war. Deshalb erkundigte sich Becker bei der Behörde nach dem Schauspieler.
Aus den Unterlagen geht hervor, dass Tappert zu den Truppenteilen SS-Flak-Ersatzabteilung Arolsen und 14./SS Panzergrenadierregiment 1 „Totenkopf“ gehörte. Wann er in die Waffen-SS eintrat, ist nicht angegeben. Die Schutzstaffel (SS) war maßgeblich an den Verbrechen der Nazis wie dem Holocaust beteiligt.
Als Mitglied des „Totenkopf“-Regiments wurde der damals 19-jährige Tappert am 22. März 1943 gemeldet. Der Eintrag hing mit einer Verwundungsmeldung zusammen. Tappert wurde damals in Wolkowo als leicht verletzt registriert. Er wurde danach in Lazarette in Poltawa, Lublin und Wien verlegt.
„Wir haben sehr wenig Informationen. Es ist schwer zu sagen, was Tappert genau gemacht hat“, sagte der SS-Experte Jan Erik Schulte vom Hannah-Arendt-Institut an der Technischen Universität Dresden. Anfang 1943 habe es 250 000 Mitglieder in der Waffen-SS gegeben. Ohne weitere Hinweise sei es unwahrscheinlich, dass man rekonstruieren könne, was ein Einzelner gemacht habe.
Tapperts Dienstgrad kennt man jedoch: SS-Grenadier. Das entspricht dem untersten Soldatendienstgrad. „Nach den gegenwärtig vorliegenden Dokumenten diente er zumindest zeitweilig in einem motorisierten infanteristischen Regiment der Waffen-SS.“
Tappert sprach zu Lebzeiten kaum über die Kriegsjahre. Der Wuppertaler absolvierte noch bis 1940 eine kaufmännische Ausbildung. An die späteren Kriegsjahre erinnerte er sich 1998 in einem „Focus“-Interview: „Ich war zuerst beim Arbeitsdienst und habe in Russland Straßen gebaut. Dann wurde ich zum Kompaniesanitäter ausgebildet.“