„Huntarian“: Londons schaurigstes Museum

Das „Hunterian“ ist das wohl schaurigste der Museen in London. Es gewährt Einblick in die Geschichte der Anatomie.

London. Abgetrennte Hände liegen eingelegt in großen Gläsern, daneben Frösche und ein riesiger Tumor — eine perfekte Kulisse für einen Horrorfilm. Im Londoner Hunterian Museum wird das Gruselkabinett zur Realität. Dort stellen Tausende solcher Ausstellungsstücke täglich die Ekelgrenze der Besucher neu auf die Probe. Zehntausende tun sich das grausige Vergnügen jedes Jahr an. Im Mai besteht das Museum seit 200 Jahren.

Das Herzstück blickt den Besucher schon von weitem aus seinen dunklen Augenhöhlen finster an: Das Skelett des 2,31 Meter großen „Irischen Riesen“ Charles Byrne. Er war schon zu Lebzeiten eine Show-Attraktion in London. Der Überlieferung zufolge soll er seine Freunde gebeten haben, dafür zu sorgen, dass er nach seinem Tod Ruhe findet. Trotzdem landete er auf dem Seziertisch von John Hunter, der 1783 den Leichnam für viel Geld von den Freunden abkaufte.

John Hunter gilt noch heute als der Gründer der modernen wissenschaftlichen Chirurgie. Er hat im 18. Jahrhundert Tausende Proben von Menschen, Tieren und Pflanzen seziert, studiert und sorgfältig in Gläsern konserviert. „Hunter verließ sich nicht auf Lehrbücher, sondern führte selbst Experimente durch und wollte den Dingen auf den Grund gehen“, sagt Museumsführerin Hayley Kruger.

Schon zu Lebzeiten zeigte der gebürtige Schotte Samstagabends Besuchern die Sammlung in seinem Haus in London. Er versuchte damit, den Menschen die Notwendigkeit von Obduktionen für die chirurgische Praxis vor Augen zu führen. Denn nur wenige Menschen stellten ihren Körper nach dem Tod den Anatomen zur Verfügung. Eine Obduktion hatte den Ruf einer Strafe: Die Leichen von Kriminellen wurden damals in öffentlichen Vorträgen zur Belustigung des Publikums — weniger für wissenschaftliche Zwecke — seziert und zur Schau gestellt.

Weitere Infos unter: rcseng.ac.uk/museums/hunterian