Im Rollstuhl zurück auf den Rasen
Ralf Bockstedte ist der einzige Rollstuhlfahrer in Deutschland, der eine Lizenz als Fußball-Trainer macht.
Düsseldorf. Wenn Ralf Bockstedte mit den anderen angehenden Trainern auf den Übungsrasen der Sportschule Kaiserau kommt, fällt er auf. Er kann nicht wie sie um Hütchen laufen oder aufs Tor schießen. „Trotzdem ist es mir wichtig, dass ich den Spielern auf Augenhöhe begegne“, betont er. Bockstedte ist der erste und einzige Rollstuhlfahrer Deutschlands, der eine Trainer-C-Lizenz macht.
Fußball bekommt er einfach nicht aus dem Kopf. Auch wenn Bockstedte schon seit 24 Jahren nicht mehr spielen kann. Er hat eine Rückenmarkschädigung, „die Krankheit ist so selten, dass sie nicht einmal einen Namen hat“, erklärt der 39-Jährige. Viele Jahre war er selbst aktiv, kickte in seiner Heimat Essen. Als er 16 Jahre alt war, riss sein Rückenmark an, Bockstedte musste sich von da an mit einem Rollstuhl fortbewegen. „Das ist Teil meiner Geschichte, es gehört zu mir, auch wenn es anfangs schwer für mich war und ich gerne wieder aufs Spielfeld gelaufen wäre“, räumt er ein.
Seinen Traum, Profi-Fußballer zu werden, musste er aufgeben. Stattdessen studierte er in Heidelberg Jura, zurück in Essen lernte er seine heutige Frau Tanja kennen, und gemeinsam adoptierten sie vor kurzem ihre 17 Monate alte Tochter Maria.
Ralf Bockstedte
Seit 2008 arbeitet er neben seiner Tätigkeit als Anwalt für Sportrecht auch als Spielervermittler. „Fußball ist wie eine positive Droge, ich bezeichne mich durchaus als Fußball-bekloppt“, erklärt Bockstedte lachend. Weil es ohne Fußball nicht geht, versucht er im Kontakt mit Spielern dem Sport nah zu sein. „Aber irgendwann genügte mir das nicht mehr, und mir kam die Idee, einen Trainerschein zu machen“, erzählt der Essener. Von der Idee bis zur Umsetzung dauerte es nicht lange, „aber es war aufregend für mich, da es bedeutete, endlich wieder auf den Rasen zurückkehren zu können“, sagt der Sportjurist freudestrahlend.
So rennt er zwar nicht über den Platz, aber dafür erklärt er alles mit einer Taktiktafel in der Hand. Und die Kollegen hören ihm zu. Dass er seine Trainerlizenz machen kann, hat er Verbandssportlehrer René Hecker zu verdanken. Der ehemalige Zweitligaspieler hatte für Bockstedte beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) ein gutes Wort eingelegt, denn normalerweise werden Rollstuhlfahrer nicht für Trainerlehrgänge zugelassen. „Es wurde eine einmalige Ausnahme gemacht, weil Ralf Bockstedte Kenntnisse mitbringt, die für eine Trainertätigkeit wertvoll sind“, erklärt Lehrer Hecker.
Für den „Fußball-Bekloppten“ ist diese Möglichkeit von unschätzbarem Wert: „Beim Trainerkurs dabei zu sein, gibt mir ein Stück weit meine Beine zurück.“