Im Schatten des Großvaters
Christof Bosch, der Enkel des berühmten Firmengründers, ist Forstwirt. Aber auch das Erbe verpflichtet.
Königsdorf/Stuttgart. Für Christof Bosch war der Opa lange Jahre eine Bronzebüste im Museum. Wuchtig. Unpersönlich. Einschüchternd. Kennengelernt hat der Enkel von Bosch-Firmengründer Robert Bosch (1861-1942) seinen Großvater nie, er starb fast 17 Jahre vor seiner Geburt. „Er war sehr nah da, sehr präsent, obwohl er schon mehrere Jahre tot war und mir als lebendiger Mensch gar nicht so leicht vorstellbar“, erinnert sich der heute 52-Jährige. „Wenn man da als kleiner Bub vor so einer Büste steht und sich sagt: ,Aha, das ist also mein Opa’, das hat schon etwas Erschreckendes.“
Erst als junger Erwachsener hat Christof Bosch begonnen, sich mit seinen Wurzeln und dem Erbe seines übermächtigen Großvaters auseinanderzusetzen, der in diesem Jahr 150 Jahre alt geworden wäre. „Es ist ganz viel von ihm in meinem Leben“, sagt Bosch. „Ich kann es gar nicht wirklich abschätzen, wie es wäre, wenn ich Herr Meier wäre.“
„Dass der Name mir Möglichkeiten gibt, interessante Menschen kennenzulernen und Einblicke zu erhalten, die ich sonst nicht bekäme, das ist auf jeden Fall so“, sagt Bosch. Doch auch die Schattenseiten hat Bosch, der in Stuttgart geboren und aufgewachsen ist, früh erlebt. Es sei nicht leicht gewesen, sich in der Schule zu integrieren. „Die Eltern der Mitschüler haben dann zu Hause gefragt: Na, wie ist er denn, der kleine Bosch?“
Der erwachsene Bosch jedenfalls ist ein Mann der leisen Töne. In seine Welt führt ein schmaler Weg, durch Wälder und Wiesen. Ziel: Ein Bauernhof nahe des Starnberger Sees. Bosch übernahm das Anwesen 1979. In München, eine knappe Autostunde entfernt, studierte er Forstwirtschaft und Philosophie.
Bis heute lebt der promovierte Forstwirt mit seiner Frau, einer Malerin, auf dem Hof, den sein Großvater vor 100 Jahren gekauft hat. Auch seine drei Kinder sind dort aufgewachsen. Er betreibt eine Landwirtschaft mit rund 80 Kühen und 70 Kälbern. Das auf dem Gut geschlachtete Bio-Fleisch wird im eigenen Hofladen vertrieben.
In der zweiten Welt von Christof Bosch, in Stuttgart, spielt das Vermächtnis des Großvaters die Hauptrolle. Hier sitzen der weltgrößte Autozulieferer Bosch und die Robert Bosch Stiftung. Seit Ende der 1990er ist der Enkel hauptberuflich Sprecher der Familie. Er sitzt als einziger Nachkomme des Firmengründers im Machtzentrum des Konzerns, der Robert Bosch Industrietreuhand KG. In dem Gremium fallen alle wichtigen Entscheidungen.
Im operativen Geschäft ist er allerdings nicht aktiv. Als Familienmitglied sei dies schwer: „Es werden hohe Erwartungen an einen gestellt, aber man hat nicht die Möglichkeit, die Art von Feedback zu bekommen, die jemand anderes bekommt.“