Jeck aus fremden Schränken - Kostümflohmarkt im Trend
Köln (dpa) - Jeder Jeck ist anders. Wer im Karneval etwas auf sich hält, trägt keine Verkleidung von der Stange. Dafür gibt es auf Kostümflohmärkten individuelle Schnäppchen - sogar aus Amerika.
Nein, nein, er möchte lieber nicht auf ein Foto, sagt Kurt Vierkotten zögerlich. Und verkleidet schon gar nicht! Der bärtige Herr steht zwischen Ständen mit Glitzer-Jacketts und quietschbunten Kostümhüten und macht einen eher unentspannten Eindruck. Schunkelmusik schallt aus den Boxen hinter ihm. Und so mitten auf dem Kölner Kostümflohmarkt sagt Vierkotten etwas hilflos: „Man braucht ja schon so ein bisschen, um in Stimmung zu kommen.“
Das sieht seine Begleitung anders. Denn während Herr Vierkotten noch nicht so recht in „Karnewallung“ kommt, stöbern Frau und Enkelkind begeistert durch Massen meist gebrauchter Kostüme, Hüte und andere Accessoires in den beiden Hallen - und mit ihnen Hunderte Jecken, die hier ebenfalls auf der Jagd nach Verkleidungsschnäppchen sind.
Zwar verkauft wohl jeder Kölner Supermarkt derzeit Cowboy-Hüte und Clownsnasen. Doch wer als Karnevalist etwas auf sich hält, feiert nicht mit einer Verkleidung von der Stange - sondern schneidert sein Unikat selbst. Aber wohin mit den gebrauchten Kostümen, die häufig in mühevoller Handarbeit entstanden sind? Karnevalsflohmärkte wie der in Köln bringen sie zusammen: Die Leute mit zu vielen Kostümen und jene mit zu wenig Zeit oder Kreativität.
Almut Bühl gehört an diesem Tag im Februar zu den gut 30 Händlern, die aus ihrem meist privaten Fundus Verkleidungen verkaufen. „Rund zwölf Meter Kostüme hängen bei mir zu Hause im Schrank dicht an dicht“, sagt sie. „Freunde meinen immer wieder, ich solle die doch im Internet vermarkten. Aber im Internet kann ich nicht dabei sein, wenn die Leute ihr perfektes Kostüm finden und laut „Juchhu!“ rufen.“
Und der Bedarf an individuellen Juchhu-Momenten sei groß, sagt Doro Egelhaaf. Sie gehört zum Team der Stunksitzung, einer alternativen Kölner Karnevalssitzung, das diesen Kostümflohmarkt in Köln organisiert - inzwischen bereits zum 16. Mal. „Bei uns rufen schon im September die Leute an und erkundigen sich nach dem Flohmarkttermin für das nächste Jahr“, sagt sie.
Von riesigen Plüsch-Schlangen über Hüte in allen Regenbogenfarben bis zu kompletten Kostüm-Sets ist hier alles zu finden. Und in den meisten Fällen sind die Outfits handgemacht, teils mustern Theater hier ihren Fundus aus. Die Preisspanne reicht von ein paar Euro für ein Hütchen bis zu „mehr als tausend Mark für eine echte spanische Torero-Uniform“ vor einigen Jahren, sagt Veranstalterin Egelhaaf.
Manche Kleidung kommt sogar aus Übersee, wie die von Silke Wencke. Die Düsseldorferin verdient eigentlich ihr Geld damit, Musikinstrumente aus den USA zu importieren. Da US-Orchester aber neben Saxofonen auch ihre Dienstkleidung ab und an wechseln, steht Wencke nun inmitten von Fracks und Anzügen in der Flohmarkthalle: „Die Stimmung hier auf dem Flohmarkt ist eine ganz besondere“, sagt sie. Nicht der große Kommerz zähle hier, sondern die kleinen Details.
Das findet auch Rosi Gelner, die gerade in einem Vogelkostüm steckt und begeistert flattert. „Das ist einmalig hier. Alles Unikate, nichts von der Stange“, jauchzt sie. „Ich bin zum zweiten Mal hier und richtig auf den Geschmack gekommen!“
Derweil grübelt der skeptische Herr Vierkotten immer noch vor sich hin: „Jedes Jahr denkt man: „Nee, ich mach da nicht mit.“ Und dann ist man doch dabei.“ Für Rosi Gelner im Vogelkostüm ist jedenfalls die Sache klar. So viele enthemmte Kostüm-Verrückte auf einem Haufen: „Das gehört einfach zu Köln. Nein: Das ist Köln!“