Jil Sanders Comeback: „Ich bin wieder zuhause“
Mailand (dpa) - Jil Sander ist wieder Jil Sander. Mit der Präsentation ihrer Männerkollektion Frühjahr/Sommer 2013 kehrt die Hamburger Designerin auf den großen Laufsteg zurück. Und sie hat nichts von ihren alten Stärken eingebüßt.
Samstagvormittag, 10.40 Uhr: Jil Sander tritt auf den Laufsteg, und in diesem Moment sind die Marke und ihre Gründerin wieder vereint. Acht Jahre nach ihrem Rückzug aus dem Unternehmen feiert die Hamburger Designerin in Mailand ein Comeback. In ihrer Kollektion Frühjahr/Sommer 2013 besinnt sie sich auf die alten Stärken und zeigt Mode für einen jungen, kosmopolitischen Mann. Den Rahmen für die Show bildet die noch bis Dienstag laufende Milano Moda Uomo.
„Ich bin wieder zuhause“, sagte Jil Sander nach ihrer Präsentation im Backstage-Bereich. „Das alles berührt mich sehr.“ Zuvor hatte sie in knapp zehn Minuten eine Kollektion gezeigt, die sehr frisch und modern wirkt. Weite Bermudashorts gesellen sich zu weißen Kurzarmhemden und ärmellosen Gehröcken. Grafische Muster zieren die Strickjacken und T-Shirts. Die schmalen Hosenbeine enden bereits vor dem Knöchel, viele Sakkos schließt man doppelreihig. Unter den Schuhen blitzt oft eine farbige Sohle. Das Formale und das Legere fließen in dieser Kollektion ineinander.
„Zurück zu den Ursprüngen“, so erklärte die 68-Jährige im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa ihren Ausgangspunkt für die erste Arbeit unter dem eigenen Namen seit acht Jahren. „Es ging mir immer darum, eine Mode zu entwerfen, die Wertigkeit und Klasse hat und dabei funktional ist. Wir sind heute ständig in der Welt unterwegs und brauchen mehr denn je Kleidung, die allen Erfordernissen gerecht wird.“
„Jil Sander hat nichts von ihren alten Stärken eingebüßt. Sie zeigte eine hohe Schnittkunst sowie ein exzellentes Gespür für Farben, Formen und Materialien“, so lautet das erste Resümee von Michael Werner, Chefredakteur der in Frankfurt/Main erscheinenden Fachzeitschrift „TextilWirtschaft“. „Und sie kennt die modischen Bedürfnisse eines jungen, kosmopolitischen Mannes.“
Gerade daran hatten einige Zweifel gehegt, als im Februar die Nachricht vom Comebacks Jil Sanders für einen Paukenschlag sorgte. Wenig charmant wiesen die Kritiker auf ihr Alter hin.
Jil Sander hatte ihr Label 1968 in Hamburg gegründet. Mit ihrem Stil aus klaren Formen, perfekt ausgetüftelten Schnitten, neutralen Farben und edlen Stoffen nahm sie bereits in den eher opulenten 1980er Jahren den dominierenden Purismus der folgenden Dekade vorweg. Hier wurde sie zu einer der wichtigsten Designerinnen der jüngeren Modegeschichte. Seit 1997 gibt es auch eine Kollektion für Männer.
Zwei Jahre später verkaufte Jil Sander die Mehrheitsanteile an die italienische Prada-Gruppe. Nur kurze Zeit darauf schied sie im Streit mit ihrem neuen Chef Patrizio Bertelli aus dem Unternehmen aus. 2003 erfolgte ein überraschendes Comeback, das allerdings bereits im folgenden Jahr zu einem erneuten, wie alle dachten endgültigen Abschied führte. Seit 2005 entwarf der Belgier Raf Simons die Mode des heute einer japanischen Holding gehörenden Labels. Die Lobeshymnen in den Medien konnte er jedoch nie in entsprechende Verkaufszahlen umsetzen.
Jil Sander indes blieb in den vergangenen Jahren nicht untätig. Von 2009 bis 2011 arbeitete sie für die japanische Kette Uniqlo, die in einem eher preisgünstigen Segment angesiedelt ist. Dieser Schritt war für viele eine Sensation, denn die Designerin gilt als kompromisslos, was die Qualität der Stoffe angeht. Unter dem Dach von Uniqlo entwickelte sie ein eigene, kleine Linie, die „+J“ hieß. Die Fans jubelten: Jil Sander war auf einmal für alle bezahlbar geworden.
Das allerdings wird sich jetzt ändern. Denn nun ist Jil Sander wieder Jil Sander. Und diese Mode kostet viel Geld. Für die Designerin war die Männershow in Mailand jedoch nur die erste Stufe des Comebacks. Ende September präsentiert sie an gleicher Stelle ihre Damenkollektion Frühjahr/Sommer 2013. Dann wird sie noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Denn mit Frauenmode wurde Jil Sander einst weltberühmt.