Skandal um Heimkinder Jugendamtsleiter weist Vorwürfe zurück
Um das Jugendamt Gelsenkirchen bahnt sich ein Skandal an. Zwei Leiter sollen Geld gemacht haben, indem sie deutsche Heimkinder über eine eigene Firma in Ungarn unterbringen ließen. Auch die Stadt Dorsten hat ein Heimkind in Ungarn untergebracht - und wehrt sich gegen Vorwürfe.
Gelsenkirchen (dpa) - Zwei Leiter des Jugendamts Gelsenkirchen sollen für die Unterbringung von mehreren Heimkindern unter pädagogisch fragwürdigen Bedingungen in Ungarn gesorgt und damit Geld verdient haben.
Wegen dieses Vorwurfs hat die Stadt Gelsenkirchen die zwei Amtsleiter vorerst vom Dienst freigestellt. Die Angelegenheit müsse „lückenlos aufgeklärt werden“, teilte Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) mit. Das ARD-Fernsehmagazin „Monitor“ hatte am Donnerstag berichtet, die Kinder aus einem Gelsenkirchener Heim seien wegen angeblicher Überbelegung in einer von den Jugendamtsleitern privat gegründeten Einrichtung in Ungarn untergebracht worden.
Dafür hätten sie 5500 Euro pro Kind und Monat vom Staat bekommen. Der Leiter des Gelsenkirchener Jugendamts, Alfons Wissmann, wies in einer schriftlichen Erklärung alle Vorwürfe zurück. Die beiden Dienstkräfte hatten 2004 privat eine Firma in Ungarn gegründet, die 2009 nach einem drohenden Konkurs abgestoßen wurde. „Was ich in dem Bericht gesehen habe, macht mich fassungslos“, erklärte Oberbürgermeister Baranowski zu der „Monitor“-Reportage.
Er berief vier Ausschüsse für Montag ein, um die Politik über die Vorwürfe zu informieren. Die Stadt lasse sich bei der Aufklärung von einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen unterstützen. Außerdem seien der Träger des Heims, die St. Augustinus GmbH, und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als Aufsichtsbehörde um Hilfe gebeten worden.
In dem Fernsehbericht geht es um das Heim St. Josef, das rund 100 Kindern und Jugendlichen ein Zuhause auf Zeit bietet. In den Jahren 2007 und 2008 soll es nach Informationen von „Monitor“ deutlich überbelegt gewesen sein. Dafür sollen die beiden Jugendamtsleiter gezielt gesorgt haben. Von Gelsenkirchen seien die Kinder weiter nach Ungarn geschickt worden. Pädagogische Konzepte habe es in dem ungarischen Heim nicht gegeben.
Wissmann erklärte, es habe keine Vereinbarung mit St. Josef gegeben, dass er „für eine gute Auslastung des Kinderheims“ sorge und das Kinderheim im Gegenzug Kinder nach Ungarn schicken werde. Außerdem belegten viele Jugendämter das Heim St. Josef. Auch ein Junge aus einem Heim in Dorsten ist dem „Monitor“-Bericht zufolge nach Ungarn gebracht worden.
Die Stadt wehrte sich in einer Mitteilung gegen Vorwürfe, der Elfjährige sei pädagogisch nur mangelhaft betreut und schlecht untergebracht worden. Der Fall werde aber geprüft. Die Akten seien in Absprache mit der nordrhein-westfälischen Kinder- und Jugendministerin Ute Schäfer (SPD) dem Landesjugendamt in Münster zur Verfügung gestellt worden. Der Fall sei seit vielen Jahren der einzige, bei dem die Stadt eine „Auslandsmaßnahme“ veranlasst habe.