Terrorbekämpfung Kamera-Überwachung: Mit Uralt-Technik gegen Terror

Die Kameras zur Überwachung von Flughäfen, Bahnhöfen und Banken sind oft von vorgestern.

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Aachen. Als „Mann mit Hut“ hielt der Terrorverdächtige Mohamed Abrini die Ermittler in ganz Europa mehr als zwei Wochen lang in Atem, der 31-jährige Belgier marokkanischer Abstammung soll nicht nur an den Terroranschlägen in Paris, sondern auch an denen am Brüsseler Flughafen beteiligt gewesen sein. Sein Foto, das kurz vor den Anschlägen am Brüssel Flughafen von einer Videokamera gemacht worden war, erschien in nahezu allen Medien. Allerdings war Abrini auf den Aufnahmen kaum zu erkennen. Die meisten Handys machen heute bessere Aufnahmen als die Kameras am Brüsseler Flughafen.

Doch nicht nur in Belgien haben die Behörden mit unscharfen Aufnahmen zu kämpfen, das Problem gibt es auch in Deutschland, wie spätestens seit den verschwommenen Aufnahmen, die nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht in Köln entstanden, bekannt ist.

Welches Fahndungsfoto die Polizei auch veröffentlicht, es ist unscharf. An Flughäfen, in Bahnhöfen und in Banken entspricht die Technik keinem halbwegs modernen Standard, HD-Kameras sind die absolute Ausnahme. Und das in einer Zeit, in der, wenn man den Nachrichtendiensten glaubt, die terroristische Bedrohung so hoch ist wie nie zuvor.

Die meisten Bahnhöfe und Flughäfen in Deutschland sind mit analogen oder digitalen Überwachungskameras der ersten Generation ausgerüstet, wie das Bundesinnenministerium auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) weiß, dass dies eigentlich nicht tragbar ist.

Doch hinter den Kulissen des politischen Betriebes tobt ein Kampf darum, wer für die Aufrüstung der Überwachungstechnik verantwortlich ist, vor allem, wer sie bezahlen soll. Die Bahn, der die Bahnhöfe gehören? Die Flughafenbetreiber? Oder die Bundespolizei, die für die Sicherheit an deutschen Bahnhöfen und Flughäfen verantwortlich ist?

Lange galt das Argument, dass neue Kameras zu teuer seien, doch diese Zeiten sind vorbei. In den 80er Jahren kostete eine einzige analoge Überwachungskamera bis zu 5000 Mark (2500 Euro); für denselben Preis bekäme man heute 16 HD-Überwachungskameras. Warum werden die Kameras also nicht endlich ausgetauscht?

„Es sind die Leitungen und die Speicherkapazitäten, die die Kosten für die Modernisierung von Überwachungsanlagen in die Höhe treiben“, sagt ein hochrangiger Bundespolizist, der angesichts der derzeitigen Diskussion über Zuständigkeiten seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Die Kabel, die an Flughäfen und Bahnhöfen zwischen Kameras und Überwachungszentralen verlegt sind, würden die Datenmengen von HD-Kameras oft nicht übertragen können. Und die Festplatten, auf denen die Videoaufnahmen gespeichert werden, seien ebenfalls zu klein. Je hoch auflösender die Kamera, desto höher die Datenmenge, die dann transportiert und gespeichert werden muss.

Trotzdem kamen Bundesinnenministerium, Bundespolizei und die Deutsche Bahn AG nach dem versuchten Bombenanschlag auf den Bonner Hauptbahnhof am 10. Dezember 2012 zu dem Schluss, dass die Videotechnik an Bahnhöfen modernisiert und ausgeweitet werden müsse. 60 Millionen Euro wurden bereitgestellt. Im vergangenen Jahr fand dann eine Aufstockung auf 85 Millionen Euro statt — nach Meinung von Experten ist das deutlich zu wenig.

Viel getan hat sich in der Zeit seit dem Startschuss 2012 allerdings nicht. Erst im Sommer 2015 ging es richtig los. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine neue Videoanlage in Mannheim installiert. Modernisierungen und Erweiterungen an den Hauptbahnhöfen in Nürnberg, Hamburg und Bremen sollen in diesem Jahr beginnen. Derzeit sind etwa 5000 Kameras an rund 700 Bahnhöfen installiert — obwohl es in Deutschland rund 5500 Bahnhöfe gibt.

Wo aufgerüstet wird, entscheiden Bahn, Politik und Polizei „nach bahnbetrieblichen und polizeifachlichen Kriterien“, wie es aus dem Bundesinnenministerium heißt. Eine Videoüberwachung in allen 5500 Bahnhöfen sei nicht geplant. Auch eine vollständige Ausstattung aller Flughäfen mit HD-Technik ist laut Ministerium nicht vorgesehen.

Moderne Kameras wird es auch in vielen Banken nicht geben. Ein Verbandssprecher weist darauf hin, dass Täter oft Masken tragen und scharfe Aufnahmen des Gesichtes deshalb unnötig seien.