Kardinal Marx hält Segnung homosexueller Paare für möglich
Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, versteht sein Amt offenkundig immer stärker als Auftrag, die Veränderungsmöglichkeit und -bereitschaft der katholischen Kirche in Deutschland auszutesten.
Jüngstes Beispiel: In einem am Samstag ausgestrahlten Interview des Radiosenders „B5 aktuell“ stellte der Münchner Erzbischof die Segnung homosexueller Paare in Aussicht.
Auf eine entsprechende Frage antwortete Marx, man müsse dazu ermutigen, „dass die Priester und Seelsorger den Menschen in den konkreten Situationen auch einen Zuspruch geben“. Allerdings müsse jeder Einzelfall in den Gemeinden vor Ort entschieden werden. Eine generelle Freigabe für die kirchliche Segnung homosexueller Paare lehnt er weiter ab. „Es gibt keine generellen Lösungen, das halte ich nicht für richtig, weil es hier um Seelsorge für Einzelfälle geht.“
Innerhalb der katholischen Kirche unterstützen sowohl die Laien-Initiative „Wir sind Kirche“ als auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) die kirchliche Segnung homosexueller Paare. In den evangelischen Landeskirchen ist eine Segnung fast überall möglich, allerdings in sehr unterschiedlicher Form.
Im vergangenen Jahr des Reformationsjubiläums war Marx zusammen mit Heinrich Bedford-Strohm, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland und seinem protestantischen Gegenüber in München, auch offensiver Verfechter der ökumenischen Jubiläumsgestaltung. Und zuletzt hatte der Kardinal in einem Schreiben an das ZdK dem Verein Donum Vitae bescheinigt, dass auch dieser sich für den Schutz des Lebens einsetze und Erfolge in der Konfliktberatung erziele. Deshalb könnten auch ehemalige Donum-Vitae-Mitarbeiter in bischöflich anerkannten Schwangerenberatungsstellen beschäftigt werden. Dafür erntete Marx allerdings den Widerstand seines Kölner Kardinalskollegen Rainer Maria Woelki.
Donum Vitae war 1999 aus dem ZdK heraus gegründet worden, nachdem Papst Johannes Paul II. katholischen Beratungsstellen untersagt hatte, einen Beratungsschein als Voraussetzung für den Schwangerschaftsabbruch auszustellen.
Marx’ diverse Vorstöße erklären sich auch aus der größeren Freiheit, die Papst Franziskus den Ortskirchen einräumt — und aus seiner Nähe zum Papst. Seit April 2013 gehört er dem neu geschaffenen Kardinalsrat an, der den Papst beraten soll.