Gefahrtiergesetz Kein Platz für Kobras im Wohnzimmer

Noch hat NRW kein Gefahrtiergesetz. Umweltminister Remmel will dies bald ändern. Im Juli sollen alle Vorarbeiten für eine Abstimmungsvorlage abgeschlossen sein.

Düsseldorf. Eine gefährliche Giftspinne im Terrarium halten oder gleich eine Klapperschlange oder Puffotter — das ist bisher in Nordrhein-Westfalen möglich. Anders als in elf anderen Bundesländern gibt es in NRW bisher noch kein Gefahrtiergesetz. Das soll sich aber bald ändern. „Bis Juli wollen wir alle finalen Arbeiten abgeschlossen haben, dann sollte das Gefahrtiergesetz zur Abstimmung gebracht werden können“, sagt Frank Seidlitz, Sprecher des NRW-Umweltministeriums.

Bereits im Oktober 2014 hatte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) den Startschuss gegeben. Motto: Hochgiftige Tiere gehören nicht ins Wohnzimmer. Hintergrund war die Häufung von gefährlichen Begegnungen mit exotischen — auch nichtgiftigen — Tieren. So waren unter anderem Pythons an einem Hildener Bachlauf aufgetaucht, eine Vogelspinne unter einem Kühlschrank in einem Haus in Königswinter sorgte für Aufregung, und ein Mensch wurde sogar von einer hochgiftigen Puffotter gebissen. Eine „entlaufene“ Kobra hatte im Jahr 2010 halb Mülheim für drei Wochen lahmgelegt, bis sie verendet aufgefunden wurde. Das Umweltministerium schätzt, dass jährlich 400 000 bis 800 000 lebende Reptilien legal nach Deutschland eingeführt werden.

Das NRW-Umweltministerium arbeitet seitdem an einem Gesetzesentwurf. Zahlreiche Experten mussten zu Rate gezogen werden, weil jedes potenzielle Gefahrentier auf der Liste stehen soll, egal ob giftig oder nicht. Das ist recht leicht, wenn es um Elefanten, Nashörner, Flusspferde oder Großbären geht — diese Tierarten sind tatsächlich auch erwähnt —, wird aber im Bereich von Schlangen, Spinnen, Fischen und Schnecken schon komplizierter. Da ist reichlich Expertenmeinung gefragt.

Wenn der Landtag schließlich dem Gefahrentiergesetz zustimmt, dann ändert sich für viele Tierhalter einiges. Arten, die auf der Verbotsliste stehen, dürfen nicht nachgezüchtet werden. Für die Bestände ist aber angedacht, dass sie bis zu ihrem Tod — wenn die Voraussetzungen stimmen — weiter bei ihren Besitzern bleiben dürfen. „Das kommt auch auf das Tier an, aber die können nicht alle in Zoos untergebracht werden“, sagt Seidlitz.

Tiere, die nicht auf dem Index stehen, aber als gefährlich eingestuft werden, müssen von ihren Haltern zunächst innerhalb von vier Monaten den zuständigen Behörden gemeldet werden, bei Neuanschaffungen innerhalb von zwei Wochen. Das gilt auch bei einem Umzug. Zudem müssen die Halter mindesten 18 Jahre alt sein, einen Sachkundenachweis beibringen und eine Haftpflichtversicherung für ihr Tier abschließen. Die Mindestversicherungssumme soll 500 000 Euro für Personenschäden und 250 000 Euro für sonstige Schäden betragen.

Drastisch sind die vorgesehenen Strafen bei Zuwiderhandlung. Wer ein gefährliches Tier trotz Verbots hält, aussetzt oder zur Bedrohung anderer benutzt, riskiert Geldstrafen oder bis zu zwei Jahre Gefängnis.

Auch mit den voraussichtlichen Mehrkosten bei Einführung des Gefahrtiergesetzes hat sich das Umweltministerium befasst. Geplant ist eine kostendeckende Gebührenpflicht, damit die Kommunen nicht zusätzlich belastet werden. Die Höhe der Beträge steht aber noch nicht fest.

Der Landestierschutzverband NRW wurde ebenfalls zu Rate gezogen. Vize-Präsident Ralf Unna begrüßt die Einführung eines Gefahrentiergesetzes: „Wir sehen den Regelungsbedarf. Sowohl aus Sicherheitsaspekten als auch aus Tierschutzgründen.“ Unna, selbst Tierarzt, sieht vor allem bei Giftschlagen eine „gefährliche Kombination“ von Statussymbol und preiswerter Anschaffung. „Diese Geschäfte laufen eher von Kofferraum zu Kofferraum — und nicht auf offiziellen Messen,“ sagt Unna. „In NRW hat man bisher erheblich mehr Auflagen, wenn man einen Pudel hält als eine Königskobra.“

Markus Bauer, Leiter der Auffangstation für Reptilien München, nimmt ebenfalls an der Expertenbefragung teil und sieht die Gefahr von Unfällen eher als gering an: „Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, von einer Schlange gebissen zu werden? Praktisch bei Null.“ Dennoch bestätigt Bauer, wie leicht und billig es ist, an Giftschlangen zu kommen. „Eine Diamantklapperschlange gibt es als Jungtier für weniger als 30 Euro“, weiß Bauer. Selbst ausgewachsene Giftschlangen seien leicht für 50 Euro zu haben, so Bauer weiter. Das größte Problem sei der unkontrollierbare Internethandel: „Da werden Kobras per Post verschickt.“ Das sei sowohl für den Postboten als auch für den Adressaten sehr gefährlich.