Klamotten für einen richtigen Kerl
Köln (dpa/tmn) - Kernige Hemden zu derben Stiefeln: Mit der Herrenmode der Herbst- und Wintersaison dürfen Männer wieder richtige Männer sein. Auch wenn der Naturburschen-Look und neue Rustikalität en vogue sind: Nur in Kombination mit eleganteren Teilen wird die Sache rund.
Das wird einige Männer freuen: Sie dürfen ihr Holzfäller-Hemd mit gutem Gewissen auch außerhalb des Gartens, Kellers und des Waldes tragen. Und in vielen Läden können sie Jeansjacken, grob gestrickte Pullis und Stiefel, die es sonst eigentlich an den Füßen kanadischer Feuerwehrmänner zu bestaunen gibt, kaufen. Keine Frage: Die Herrenmode der Herbst- und Wintersaison wird rustikal. Das Deutsche Mode Institut (DMI) in Köln ruft in seinem saisonalen Trendreport gar die „Renaissance des Kerls“ aus: Ohne ein anständiges Maß an Kernigkeit gehe nichts mehr.
Wie das kommt? DMI-Geschäftsführer Gerd Müller-Thomkins vermutet einen gesellschaftlichen Zusammenhang: „Im Ausklang der Finanzkrise, in der die Wall-Street-Helden zu Back-Street-Boys geschrumpft sind, hat traditionelle Männlichkeit wieder Konjunktur.“ Entsprechend habe der Anzug als Statussymbol an Glaubwürdigkeit verloren. „Gefragt ist jetzt der zupackende Mann, der mit beiden Füßen auf dem Boden steht.“
Inzwischen hat sich diese neue Rustikalität aus den Szene-Nischen der Großstädte in den breiten Markt vorgearbeitet: Boss Orange lässt eine Jeansjacke über dem Karohemd zur Stoffhose tragen, alles in gedämpftem Blau. Die Models von Hartwich stecken ihre Hosen in derbe, offen getragene Stiefel. Im Stilbuch von Porsche sind Lederjacken und zünftige Flieger-Jacken omnipräsent, und im Kollektionsbericht von Daniel Hechter wird verkündet: „Veloursleder in Kombination mit Strick, Leder und Wolle liegt wieder voll im Trend.“
Das DMI wiederum zählt Chinos, schmale Cargo- oder Wollhosen, Karohemden, Grobstrickjacken und dicke Steppwesten zu den zentralen Stücken. Zum Trend-Teil kürt der Modeberater Andreas Rose aus Frankfurt am Main das Jeanshemd.
Was rückwärtsgewandt klingt, soll das keinesfalls sein. Damit solle nicht zurückgerudert werden in Fragen der weiblichen oder männlichen Emanzipation, stellt Müller-Thomkins klar. Der Trend sei eher post-emanzipatorisch zu verstehen - in der Frauen- wie auch Männermode werde bewusst mit einer überzeichneten Weiblichkeit und Männlichkeit gespielt. Der Mann ist Arbeit und Schreibtischtäter, Kerl und Softie zugleich.
Und deshalb ist Rustikalität alleine auch nicht genug: Denn zum Kerl-Sein gehört auch die Kunst, das Holzfäller-Klischee lässig zu brechen durch die Kombination mit eleganten Elementen. Als Beispiele nennt Rose die Kombination des Arbeiteroutfits mit einem Jersey-Sakko, einer Flanellhose mit Bügelfalten oder einem smarten Anzug mit körpernaher Silhouette. Das macht etwa Marc O'Polo mit dem Holzfäller-Hemd und Strickweste zur Krawatte vor, United Colors of Benetton mit einer Anzugweste unter dem Strick-Cardigan.
Der DMI-Trendreport prophezeit stilgerecht eher naturnahe Farben wie Grün, Braun, Blau und Bordeaux. Doch spreche nichts dagegen, im sportiv-lässigen Männer-Outfit farbige Knalleffekte zu setzen. So kündigt etwa Eton für den frühen Herbst eine „Explosion aus Farben und Mustern“ an und reicht pink-violett karierte Hemden nebst Krawatte mit quietschbuntem Scherenmuster zum grauen Anzug.
Wenn es kalt wird im kommenden Winter, dürften häufig gefütterte Parkas gesichtet werden. Rose sieht zudem den Mantel wieder im Kommen, insbesondere den Dufflecoat mit Kapuze. Auch vom Militär inspirierte Klassiker seien gefragt. Das sind etwa die einstige Jacke der Hafenarbeiter, die Caban-Jacke, und der Trenchcoat mit abnehmbarem Fellkragen. H&M zeigt eine Piloten-Jacke, die zur Chino und knöchelhohen Schuhen kombiniert wird.
Auf Kontraste bauen, ohne falsche Scheu Accessoires einsetzen und kühn mit Brüchen spielen, das ist der Rat der Experten. So verliere die neue Rustikalität sofort den Ruch bloßer Bauarbeiter-Banalität. Bei der „Renaissance des Kerls“ gehe es ohnehin eher um Werte wie Einfachheit und Naturbezogenheit, erläutert Trendkenner Müller-Thomkins. Und fügt hinzu: „Zu wörtlich und ernst sollte man das alles nicht nehmen. Und deswegen zum Trapper werden sowieso nicht.“