Erstes eigenes Restaurant Koch-Wunderkind Flynn McGarry wird erwachsen

New York (dpa) - Ein Glas Champagner, um den Gaumen zu lockern. Dann Seeigel mit Karotten-Kaffee-Mus. Steinkrabben mit geschnetzeltem Lauch, gekocht in Krabbenbrühe, Rosenwasser und Grapefruit. In Äpfeln und Zwiebeln geschmorte, warm gewürzte Lammkeule, dazu Kartoffeln in Joghurt-Dressing und hausgemachtes Pita-Brot.

Foto: dpa

Wenn Flynn McGarry das Menü seines ersten eigenen Restaurants beschreibt, kann einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Der junge Kalifornier hat schon einige Jahre als Spitzenkoch auf dem Buckel, er stand in Weltklasse-Restaurants wie „Geranium“ in Kopenhagen und „Eleven Madison Park“ in New York hinter dem Herd. Mit „Gem“ (deutsch: das Juwel) wagt er seinen vielleicht wichtigsten Karriereschritt - im Alter von 19 Jahren. Die Schanklizenz läuft über seine Schwester Paris, 24, weil er in den USA noch nicht legal trinken oder Alkohol ausschenken darf.

Der Hype um den „Justin Bieber des Kochens“, wie McGarry in den USA teils betitelt wurde, ist mindestens so groß wie der um sein Essen. Mit seiner roten Haartolle, die ein Gast einmal als „perfekt geschwenkter Salat“ beschrieb, zierte er schon das Cover des „New York Times Magazine“. Schon mit elf Jahren lud er im Haus seiner Eltern zu Abendessen, Plätze für seine Popup-Reihe namens „Eureka“ waren erst ein Geheimtipp, dann ein Renner. Nun scheint McGarry voll und ganz im „fine dining“ angekommen zu sein.

Piekfein sein soll „Gem“ aber keineswegs. „Ich fühle mich unwohl, wenn man in einem Restaurant ein Jackett tragen muss und sie herablassend mit mir reden“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. Das kleine Lokal in der Lower East Side soll sich so anfühlen, als sei man bei Freunden auf einer Dinner-Party: Aperitiv im Wohnzimmer-ähnlichen Vorraum, Begegnung mit McGarry und seinem Team in der offenen Küche, nach dem Essen ein Kaffee oder Drink im Nebenraum. Die Angestellten sollen professionell arbeiten, aber auch (gefühlte) Freunde der Gäste werden.

Der Fixpreis von 155 Dollar (etwa 125 Euro) inklusive Trinkgeld und ohne Getränke scheint für die 12 bis 15 Gänge eher günstig. Und der Betrieb eines Restaurants in New York und gute Zutaten seien teuer, erklärt McGarry. Kohl kauft er nicht etwa von „irgendeiner großen Firma“ sondern von einem Bekannten in Upstate New York, der dank der fairen Bezahlung „für seine Kinder sorgen kann“. Und wenn man ehrlich ist, meint McGarry, gibt man in New York ziemlich häufig 155 Dollar für ein Abendessen oder „beliebige Sachen“ aus.

Dem Teenager ist klar, dass er auf seiner selbst erklärten Jagd nach drei Sternen von der Restaurant-Bibel Michelin von früh morgens bis tief in die Nacht wird schuften müssen. „Ich liebe den Stress und stressige Umgebungen, ich gehe darin auf“, sagt er. Seine Mutter rufe aber trotzdem noch an, um zu fragen, ob der Junge denn auch genug isst und schläft. Auslandsreisen wegen der Dokumentation „Chef Flynn“, die diesen Monat auch auf der Berlinale zu sehen ist, machen die Sache nicht leichter. Immerhin wohnt er nur drei Straßenblocks vom Restaurant entfernt.

Was die Damen und Herren aus dem Hause Michelin vom „family style“ halten, wird sich zeigen. McGarry will etwa jeden Abend auch eine „Schüssel Pasta“ servieren, wegen des „guten Gefühls“ und des Wiedererkennungswerts. In der New Yorker Restaurantszene, die McGarry zufolge als „distanziert, prätentiös, reserviert und sehr formal“ wahrgenommen wird, soll der Gast wieder die Kontrolle zurückbekommen. Der Teenager beschreibt das so: „Hier ist ein Haufen Zeug, haut rein, hier ist ein größerer Guss Wein, lasst es euch schmecken.“