„Werden tun, was notwendig ist“ Nato verlegt schnelle Eingreiftruppe zur Abschreckung Russlands

Die Nato verlegt zur Abschreckung Russlands Einheiten ihrer schnellen Einsatztruppe NRF. Man werde alles tun um „jeden Verbündeten und jedes Stück Nato-Gebiet zu beschützen“. Auch Deutschland wird weitere Soldaten und Waffensysteme stellen.

Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär, spricht nach dem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten, der per Videokonferenz stattfand, im Nato-Hauptquartier.

Foto: dpa/Olivier Matthys

Die Nato verlegt zur Abschreckung Russlands Einheiten ihrer schnellen Einsatztruppe NRF. Das kündigte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag nach einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der 30 Bündnisstaaten an.

Wohin die Einheiten verlegt werden, sagte er zunächst nicht. Er sprach lediglich von mehreren Tausend Soldaten, die auf dem Land, auf der See und in der Luft im Einsatz sein sollten. Sie sollten an verschiedenen Orten im östlichen Bündnisgebiet eingesetzt werden.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur könnten Bodentruppen in das südwestlich der Ukraine gelegene Rumänien geschickt werden. Ohnehin geplant ist, NRF-Einheiten zu einer Übung in das an Russland grenzende Nato-Land Norwegen zu entsenden.

Zur rund 40 000 Soldaten zählenden NRF gehört zum Beispiel die auch „Speerspitze“ genannte VJTF, die derzeit von Frankreich geführt wird. Deutschland stellt nach Angaben aus der Vorwoche für die schnellste Eingreiftruppe des Bündnisses derzeit rund 750 Kräfte. Insgesamt stehen in diesem Jahr rund 13 700 deutsche Soldaten für die schnellen Einsatzkräfte der Nato zur Verfügung.

Es sei das erste Mal, dass Teile der NRF im Zuge der Abschreckung und Verteidigung des Bündnisgebiets verlegt würden, sagte Stoltenberg. Die Staats- und Regierungschefs der 30 Mitgliedstaaten betonten in einer Erklärung, die Maßnahmen seien „präventiv, verhältnismäßig und nichteskalierend.“

Bereits am Donnerstag hatte die Nato angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine die Verteidigungspläne für das östliche Bündnisgebiet aktiviert. Der Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte bekam damit weitreichende Befugnisse, um zum Beispiel Truppen anzufordern und zu verlegen.

Die Bereitschaftszeiten für mehrere Zehntausend Bündnissoldaten wurden bereits zuvor drastisch verkürzt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Nato-Kreisen müssen Kräfte der schnellen Eingreiftruppe NRF jetzt innerhalb von nur 7 statt innerhalb von 30 Tagen verlegt werden können. Für weitere Truppenteile gilt eine sogenannte „Notice-to-Move“-Frist von 30 statt von 45 Tagen. Die Soldaten der schnellsten Eingreiftruppe VJTF müssen derzeit innerhalb von höchstens fünf Tagen bereit für eine Verlegung in ein Krisengebiet sein.

Auch Deutschland wird für den Schutz der Nato-Partner im Osten Europas weitere Soldaten und Waffensysteme stellen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat beim Nato-Sondergipfel die Notwendigkeit betont, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine weitere Truppen der Allianz in die östlichen Mitgliedstaaten zu schicken. Damit werde dem Sicherheitsbedürfnis der Nato-Partner Rechnung getragen, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag nach den Beratungen im Namen des Kanzlers. Präsident Putins durch nichts zu rechtfertigender Angriff auf die Ukraine treffe auf die scharfe Ablehnung aller Nato-Partner. Damit stelle Russland die europäische Friedensordnung zur Disposition.

„Wir werden tun, was notwendig ist, um jeden Verbündeten und jedes Stück Nato-Gebiet zu beschützen und zu verteidigen“

Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten haben nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ihre feste Entschlossenheit zur kollektiven Verteidigung der Alliierten zum Ausdruck gebracht. „Unser Bekenntnis zu Artikel 5 des Vertrags von Washington ist unerschütterlich. Wir stehen zum Schutz und zur Verteidigung aller Verbündeten zusammen“, hieß es am Freitag in der gemeinsamen Abschlusserklärung eines Nato-Sondergipfels.

„Wir werden tun, was notwendig ist, um jeden Verbündeten und jedes Stück Nato-Gebiet zu beschützen und zu verteidigen“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Er hatte den Gipfel nach der russischen Invasion in die Ukraine kurzfristig einberufen, um sich per Video über die aktuelle Situation auszutauschen und zu besprechen, wie die Nato auf die veränderte Sicherheitslage reagieren muss.

„Wir werden weiterhin alle erforderlichen Maßnahmen und Entscheidungen treffen, um die Sicherheit und Verteidigung aller Verbündeten sicherzustellen“, heißt es in der Erklärung. Der Text verweist unter anderem darauf, dass man die Verteidigungspläne für Osteuropa aktiviert sowie die Ostflanke verstärkt habe.

„Wir werden alle erforderlichen Kräfte verlegen, um jetzt und in Zukunft eine starke und glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung im Bündnis zu gewährleisten“, heißt es. Zugleich wird betont, dass alle Maßnahmen „präventiv, verhältnismäßig und nichteskalierend“ bleiben.

Die russische Invasion in die Ukraine wird von den Staats- und Regierungschefs erneut auf das Schärfste verurteilt. Die Nato-Staaten rufen Russland dazu auf, den militärischen Angriff umgehend einzustellen. Der Frieden auf dem europäischen Kontinent sei in seinen Grundfesten erschüttert. „Russland trägt die volle Verantwortung für diesen Konflikt.“

Das Vorgehen Russlands sei zudem eine „eklatante Ablehnung der in der Nato-Russland-Grundakte verankerten Grundsätze“. Russland sei derjenige, der sich von seinen Verpflichtungen aus diesem Abkommen von 1997 zurückziehe. Der Angriff auf die Ukraine sei „ein furchtbarer strategischer Fehler, für den Russland noch lange Jahre einen empfindlichen Preis zahlen wird, sowohl wirtschaftlich als auch politisch“.

(dpa)