Krippen-Ausstellung: Im Auto zur Herberge

Im Museum der Franziskaner in Werl sind mehr als 600 Krippen zu sehen. In manchen dieser Krippen werden auch noch andere Geschichten erzählt als die von der Geburt Christi.

Foto: Ulli Traub

Werl. Es ist eine besonders enge Beziehung, die die Franziskaner mit der Krippe verbindet. War es doch Franziskus von Assisi, der 1223 zum ersten Mal ein Krippenspiel mit lebendigen Figuren aufführen ließ. Für die Franziskaner gehört die Liebe zur Weihnachtskrippe daher zum geistigen Erbe des heiligen Franziskus.

Foto: Ulli Traub

Mit ihrem Wirken wurde diese Tradition populär und die Krippe gelangte auch in den privaten Bereich. Im westfälischen Städtchen Werl haben die Franziskaner 1962 ein eigenes Museum, das Forum der Völker, für ihre ab 1909 aufgebaute Sammlung von Exponaten, die Missionare in aller Welt zusammengetragen haben, eingerichtet. Dieses größte Völkerkundemuseum weit und breit steht mit über 600 Krippen ganz im Zeichen der Geburt Christi.

Pater Reinhard Kellerhoff ist Leiter des Museums und Kurator der Krippenausstellung. „Die erste Krippe habe ich als Dank für unsere Missionstätigkeit in Korea 1983 geschenkt bekommen“, erinnert er sich. Mit der Zeit wuchs sein Interesse an Krippen und damit die Sammlung, die zu den umfangreichsten im deutschen Raum gehört. Schwerpunkte der diesjährigen Ausstellung sind Lateinamerika und Ostafrika.

Eine große, aus Sao Paulo stammende Figurengruppe bezeichnet Pater Reinhard als „befreiungstheologische Krippe“. Hier sind all diejenigen um den Stall versammelt, die es in der Gesellschaft schwer haben oder ausgegrenzt werden: Alte und Kranke, Indios und Landlose, Drogenabhängige und Prostituierte sowie halbnackte Kinder, die Hunger haben und zur Schule gehen wollen. „Jesus ist für alle Menschen zur Welt gekommen, das sagt uns diese Krippe in aller Deutlichkeit.“

Eine peruanische Krippe zeigt die heilige Familie in der Kleidung der Einheimischen auf Herbergssuche in einem voll gepackten Straßenkreuzer mit Tabak und Musikkassette. Ebenfalls aus dem Andenstaat stammen Kalebassen, in die die Geburtsszene geschnitzt worden ist. Auch die Krippenfiguren mit übergroßen Händen und Füßen kommen aus Peru. Pater Reinhard erklärt, dass dies symbolisch zu verstehen sei: als Darstellung des einzigen Kapitals, das die Menschen der Region besäßen.

Vom Titicaca-See kommt eine weitere, regionalspezifische Besonderheit, die Totora-Krippe. „Auf dem See leben die Menschen noch auf Inseln, die aus dem stabilen Totora-Schilf geflochten werden“, weiß Pater Reinhard. Da verwundert es nicht, dass das Krippenpersonal auf einem Floß aus symbolisiertem Totora unterwegs ist. „In solchen Krippen werden auch andere Geschichten erzählt als nur die von der Geburt Christi“, merkt der Experte an.

Pater Reinhard, der auf seinen Reisen fast alle Krippen persönlich ausgewählt hat, verweist auf die charakteristischen Zipfelmützen. Auch Krippen mit bunten Stofffiguren (Kenia) und aus Maisstroh (Tansania) zeigt die Ausstellung.„Unser Museum hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Dialog der Religionen zu fördern“, sagt der Franziskaner.

Er weist auch auf die vielen Schauplätze hin, an denen zurzeit statt Worte die Waffen sprechen — nicht zuletzt in Bethlehem. „Frieden dorthin zu tragen, wo Streit und Hass das Leben unerträglich machen“, für Pater Reinhard die Botschaft des menschgewordenen Gottes.