Kunstherbst in Deutschland: Lippensofa und Kalter Krieg

Düsseldorf (dpa) - Der Herbst ist die Zeit für große Knstausstellungen in den Museen. Mit bekannten Namen und ungewöhnlichen Perspektiven locken die Museen Besucher.

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Eine Auswahl:

SURREALISMUS: Ein Muss für Surrealismus-Fans: Salvador Dalí, Max Ernst, Joan Miró, René Magritte - „Surreale Begegnungen“ lautet der Titel einer Schau mit mehr als 150 teils nie gereisten Werken des Surrealismus in der Hamburger Kunsthalle (7.10.-22.1.). Zu sehen sind Spitzenwerke wie das Mae-West-Lippensofa (1938), ein vier Meter großer Paravent des jungen Dalí, oder geheimnisvolle Bildrätsel von Magritte. Auch Werke der weniger bekannten Surrealistinnen Leonora Carrington, Dorothea Tanning und Leonor Fini kann man entdecken.

NACHKRIEGSKUNST I: In München und in Karlsruhe fächern Museen die Kunst unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg auf. „Postwar - Nachkriegskunst zwischen Pazifik und Atlantik 1945-1965“ im Haus der Kunst München (14.10.-26.3.2017) folgt der Kunst von Deutschland über Japan bis nach Süd-und Nordamerika und den großen gesellschaftlichen Veränderungen der Zeit. 180 Arbeiten von Künstlern aus 50 Ländern werden gezeigt. Berühmte Namen wie Joseph Beuys, Francis Bacon, Robert Rauschenberg oder On Kawara sind dabei.

NACHKRIEGSKUNST II: Den Ost-West-Konflikt und seine Folgen für die Kunst thematisiert das ZKM Museum für Neue Kunst Karlsruhe in der Ausstellung „Kunst in Europa 1945-1968 - Die Zukunft im Blick“. Das Ausstellungsprojekt entstand zusammen mit dem Puschkin-Museum und dem Ausstellungszentrum ROSIZO in Moskau sowie dem BOZAR in Brüssel. Die Schau will weg von der kunsthistorischen Trennung in freie westliche Abstraktion und einen konservativen Sozialistischen Realismus. Vielmehr soll die Entwicklung der Kunst aus einer gesamteuropäischen Perspektive anhand von 400 Leihgaben von mehr als 150 Künstlern neu interpretiert werden - eine Art künstlerische Wiedervereinigung von Ost und West (21.10.-29.1.)

KIRCHNER: Ernst Ludwig Kirchners expressive und stark farbigen Gemälde begeistern immer wieder. In der Schau „Hieroglyphen“ im Hamburger Bahnhof in Berlin (23.9.-12.02.) werden sämtliche 18 Werke von Kirchner aus dem Bestand der Nationalgalerie, vom frühen „Sitzenden Akt“ der Dresdner Brücke-Zeit über die „Badenden am Strand (Fehmarn)“ bis zu „Max Liebermann in seinem Atelier“ im Spätwerk gezeigt. Fotos von Kirchner, Bücher und Zeichnungen sowie zeitgenössische Arbeiten von Rosa Barba und Rudolf Stingel ergänzen die Präsentation.

JACKSON POLLOCK: Mit dem Amerikaner Jackson Pollock verbindet man großformatige „Drip Paintings“: er schüttete und spritzte Lack auf die Leinwände. Vor seinem Durchbruch zum Superstar 1949 malte Pollock aber gegenständlich. Das Kunstmuseum Basel gibt in der Ausstellung „Der figurative Pollock“ (2.10.-22.1.) mit 100 Gemälden und Papierarbeiten erstmals einen Überblick über die künstlerische Entwicklung Pollocks von Mitte der 1930er bis zu den 1950er Jahren.

FRANCIS BACON: Einen etwas anderen Blick wirft die Stuttgarter Staatsgalerie auf den großen Maler Francis Bacon (1909-1992). Im Zentrum der Schau „Unsichtbare Räume“ (7.10.-8.1.) mit rund 40 großformatigen Gemälden stehen die eigentümlichen, oft geisterhaften Konstruktionen der Bildräume des britischen Künstlers. Im Oktober kehrt zeitgleich die legendäre Performance „Francis Bacon“ von Ismael Ivo und Hans Kresnik auf Einladung der Staatsgalerie ans Theaterhaus Stuttgart zurück.

GIACOMETTI - NAUMAN: Auf den ersten Blick könnten sie nicht unterschiedlicher sein: Alberto Giacometti (1901-1966), Schöpfer der staksigen Figuren mit überlangen Gliedmaßen, und der 1941 geborene US-Multimedia-Künstler Bruce Nauman. Der eine steht für das 20., der ander für das 21. Jahrhundert. Die Schirn-Kunsthalle in Frankfurt wagt dennoch eine Gegenüberstellung und kommt bei der Präsentation von etwa 80 Arbeiten auf überraschende Verbindungen (28.10.-22.1.).

DEGAS & RODIN: Noch ein Künstlerpaar: Ohne den Maler Edgar Degas und den Bildhauer Auguste Rodin, die beide 1917 starben, wäre die Moderne nicht denkbar. Beide kannten und schätzten einander, beide waren Rebellen und warfen Regeln über Bord. Das Von der Heydt-Museum in Wuppertal zeigt in der Ausstellung „Giganten im Wettlauf zur Moderne“ (25.10.-26.2.), wie die beiden Impressionisten sich im Wettstreit um das Neue in der Kunst befanden.

POINTILLISMUS: Georges Seurat (1859-1891), der mit nur 31 Jahren starb, war der Erfinder des Pointillismus. Die Tüpfeltechnik hatte weitgehende Folgen für die Moderne. Die Albertina in Wien widmet der Punktekunst eine hochkarätige Ausstellung mit 100 Werken unter dem Titel „Seurat, Signac, van Gogh - Wege des Pointillismus“ (16.9.-8.1.). Zu sehen sind Meisterwerke der Hauptvertreter Seurat und Signac sowie Arbeiten moderner, vom Pointillismus faszinierter Künstler wie van Gogh, Matisse und Picasso.

HINTER DEM VORHANG: Das Wechselspiel zwischen Verbergen und Zeigen ist das Thema der Ausstellung „Hinter dem Vorhang. Verhüllung und Enthüllung seit der Renaissance“ (1.10.-22.1.) im Kunstpalast Düsseldorf. Direktor Beat Wismer präsentiert in seiner Abschiedsschau Kunstwerke aus sechs Jahrhunderten von der Renaissance bis heute. Zu sehen sind Arbeiten von Tizian, Lucas Cranach d. Ä., El Greco, Tintoretto bis zu Arnold Böcklin, Robert Delaunay, Cindy Sherman, Christo und Gerhard Richter.

PINAULT: Sammlungen großer Sammler im Museum vorzustellen, liegt im Trend. Auch das Museum Folkwang in Essen macht mit. Erstmals in Deutschland zeigt es Teile der Sammlung des französischen Multimilliardärs François Pinault, Besitzer des Auktionshauses Christie's. Die Schau „Dancing with Myself“ (7.10.-15.1.) legt den Schwerpunkt auf Selbstdarstellungen von Künstlern seit Ende der 1960er Jahre. Gezeigt werden Arbeiten von Cindy Sherman, Gilbert & George, Bruce Nauman oder Maurizio Cattelan.