Meng Meng & Jiao Qing Kuschel-Diplomatie: Zwei Pandas in Berlin

Schönefeld (dpa) - Die beiden Staatsgäste in den weißen Kisten haben niedliche schwarze Ohren, runde Knopfaugen - und einer ist kurz knurrig. Fünf Jahre nach dem Tod des hochbetagten Bären Bao Bao hat Berlin wieder zwei Pandas aus China für den Zoo bekommen.

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Zum Empfang von Meng Meng (Träumchen) und Jiao Qing (Schätzchen) am Flughafen stehen Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der chinesische Botschafter Shi Mingde parat. Sie warten geschlagene zwei Stunden mit internationaler Presse in einer leeren Frachthalle auf zwei schwarz-weiße Bären. Das ist wohl Panda-Diplomatie.

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Was Große Pandas nach einem zwölfstündigen Flug von politischen Reden halten, ist bald klar. Schätzchen raunzt erst einmal den Botschafter an und rollt sich dann auf den Rücken, um sich desinteressiert am Bauchfell zu zupfen. Träumchen bewahrt ladylike Contenance, richtet sich hinter Plexiglas in ihrer Transportbox auf und beäugt neugierig das Empfangskomitee. „Kein Blitzlicht! Das irritiert sie“, herrscht ein Fotograf eine Kollegin an. So mancher zweibeinige Promi wäre dankbar für so viel Rücksichtnahme.

Chinas Botschafter Shi Mingde spricht von einem guten Tag für die deutsch-chinesischen Beziehungen. „Pandabären sind heilig in China“, sagt er. „Ich hoffe, dass sich die beiden verlieben und ihre Liebe Früchte trägt.“ Meng Meng kratzt sich bedächtig am Kopf.

Dann geht es samt Box weiter in den Zoo. Dort bleibt die Öffentlichkeit noch eine Weile ausgeschlossen: Die Bären sollen sich in Ruhe an ihr neues Zuhause gewöhnen und im Inneren des Geheges ihren liebsten Hobbys nachgehen: fressen und schlafen. In der ersten Nacht hätten sie tief und fest geschlafen, von 23 Uhr bis 6 Uhr, sagt eine Zoo-Sprecherin am Sonntag. Angesprochen werden die Pandas auf Englisch, ob nun von Pfleger oder Tierarzt - Zootiere sind heute Weltreisende und sollen deshalb nur eine Sprache hören.

Am 5. Juli kommt noch einmal die Politik ins Spiel. Kurz vor Beginn des G20-Gipfels in Hamburg wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur hochoffiziellen Begrüßung der Pandas im Zoo erwartet. Sie war es, die vor rund zwei Jahren bei einem Chinabesuch die komplizierten Verhandlungen anstieß. China will für den zweiten Empfang ranghoch nachlegen - mit Staatspräsident Xi Jinping. Pandafotos gehen um die Welt, samt Knuddeleffekt.

Erst danach sollen Berliner Zoobesucher Pandas gucken können. Nur noch rund 2000 der putzigen Bären leben in China. Auch für Umweltschutzorganisationen wie den WWF sind sie Botschafter. Das Reich der Mitte wählt sehr genau aus, wer Große Pandas bekommt. Gute wirtschaftliche Kontakte scheinen dabei von Vorteil. Der Berliner Zoo ist der einzige in Deutschland, der nun wieder die plüschigen Tiere zeigen kann. Die Anforderungen aus China, das verhehlt Stadtoberhaupt Müller nicht, waren immens.

Der Zoo baute in einer mit Reichtum nicht gerade gesegneten Hauptstadt ein neues Panda-Gehege mit chinesischen Pavillons, roten Lampions und einem Kletterspielplatz für fast zehn Millionen Euro. Die Leihgebühr für die vierbeinigen Gäste beträgt 15 Jahre lang eine Million US-Dollar im Jahr. Das kann der Zoo stemmen, weil er Sponsoren hat und tierliebe Berliner, die einer der ältesten Aktiengesellschaften der Stadt ihr Vermögen vermachen.

Das reicht dann auch noch für frischen Bambus, den der Zoo künftig importiert - in der Hoffnung, dass die Knabberstangen den wählerischen Gästen munden. Die rund 70 und 100 Kilogramm schweren Pandas sind überzeugte Veganer und verputzen zu zweit rund 80 Kilo am Tag - dazu Haferplätzchen, die nach chinesischem Rezept in der Zooküche gebacken werden.

Zootier-Liebe ist den Berlinern alles andere als fremd. In kaum einer anderen Stadt wachsen die Bewohner der Tiergärten den Bürgern so ans Herz, bis hin zu echter Trauer um Flusspferde wie Knautschke und Bulette, Eisbär Knut oder Eisbärchen Fritz. Der Zoo hat den Zuschlag aus China aber auch bekommen, weil er Erfahrung mit der aufwendigen Haltung von Pandas hat - und einen Rang in der Wissenschaft.

Zoodirektor Andreas Knieriem ist ein humorvoller, bedächtiger Mann, der den neuen Panda-Hype freundlich in Szene setzt. „Ich habe noch nie einen Staatsakt für Bären vorbereitet“, sagt er. „Aber es ist eine wunderbare Aufgabe.“ Pandas seien ohnehin die besseren Menschen, ergänzt er schmunzelnd. Knieriem ist kein kühler Manager-Typ, der allein an die Zookasse oder die Umsätze im Zoo-Laden voller Panda-Devotionalien denkt. Er kann dem Charme der Bärchen selbst kaum widerstehen: „Sie sprechen einfach meine Kuschelhormone an.“

Auch Berlins Airport-Chef Engelbert Lütke Daldrup gehört mit zum Empfangskomitee in der Frachthalle. Die Bären sind die ersten prominenten Passagiere am noch unfertigen Pannen-Flughafen BER. Zum neuen Terminal und dem nahen Frachtzentrum führen geisterhaft leere Straßen, vorbei an Parkplätzen, auf den Gras sprießt. Nun fällt auf den Flughafen ein kurzer Weichzeichner.

Panda-Promis haben ähnliche Aufgaben wie Königshäuser - auf Nachwuchs wird spekuliert. Träumchen und Schätzchen logieren dennoch getrennt im neuen Luxusquartier. Pandas sind Einzelgänger und große Sexmuffel noch dazu. Der Liebestunnel in ihrer Unterkunft soll sich nur an wenigen Tagen im Frühjahr öffnen. Und Zoochef Knieriem will bei seinen Bärchen nichts erzwingen. „Berlin richtet die Hochzeit aus, aber es soll keine Zwangsehe werden“, versichert er. Und es gibt da auch noch einen kleinen Haken im Panda-Vertrag: Jungtiere müssen auf jeden Fall zurück nach China.