Lena und Unheilig räumen bei Echo-Gala ab

Berlin (dpa) - Heimspiel für Lena, Auswärtssieg für Unheilig: Bei der Gala für die Echo-Preise in Berlin hat es wenig Überraschungen gegeben, dafür einige Tränen und ein paar Erinnerungen.

Zwei Auszeichnungen für die Grand-Prix-Siegerin und drei Trophäen für die Aachener Band und ihren Frontmann „Der Graf“ - Deutschlands Musikbranche belohnte am Donnerstagabend die aktuell erfolgreichsten Popstars mit einer Drei-Stunden-Show in fast familiärer Atmosphäre.

Bei der Einschaltquote kam die mehr als dreistündige Show nur auf Platz drei zur besten Sendezeit ab 20.15 Uhr. Im Schnitt 3,51 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 12,5 Prozent) blieben dran. Mehr interessierte das TV-Publikum das Serienangebot bei RTL und im ZDF.

Emotionaler Höhepunkt des Echo-Abends war die Ehrung der Musikerin und Produzentin Annette Humpe (Ideal, Ich + Ich), Ikone der Neuen Deutschen Welle und „Segen für die deutsche Popmusik“, wie sie Max Raabe lobte.

Zwischen Newcomerin Lena und Echo-Veteranen wie Take That, Herbert Grönemeyer, Peter Maffay und Gianna Nannini blickte die 20. Echo-Ausgabe auf die eigene Geschichte und schwelgte in der Erinnerung an die ganz Großen der Zunft wie Hildegard Knef oder Peter Alexander, aber auch Udo Jürgens.

Immer wieder flimmerten Videos aus den ersten Echo-Jahren auf - von den Anfängen, als Harald Schmidt den Toten Hosen eine Silbertrophäe überreichte (und die Düsseldorfer noch auf der Bühne den Preis in einer Papiertüte verstauten) bis zur tränenreichen Ehrung für den Komponisten Ralph Siegel: Mehr als 450 Silbertrophäen hat die Deutsche Phono-Akademie bisher verliehen.

Der Echo brauche sich nicht hinter dem Grammy zu verstecken, hatte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) erklärt. Tatsächlich erlebten das Publikum in den Messehallen unter dem Berliner Funkturm und die ARD-Fernsehzuschauer eine fast atemlos-rasante Party.

Laut und schrill zog Moderatorin Ina Müller durch den Saal und die Show, sang mit und sparte auch nicht an schlüpfrigen Anspielungen („Ich hoffe, das ist jetzt ihr Hausschlüssel“). Mit Kai Pflaume spielte sie einen Heiratsantrag durch und forderte einen eher zurückhaltenden Robbie Williams heraus, zu ihr aufs Podium zu springen - Zeit zum Innehalten blieb da kaum.

Zwei Preise gingen an den deutsch-amerikanischen Geiger David Garrett, als internationale Preisträger holten Take That eine Auszeichnung für ihr Wiedervereinigungs-Album „Progress“. Robbie Williams, eher wortkarg hinter seiner Sonnenbrille, bedankte sich artig und lobte Deutschland und seine Mädchen.

Die schottische Sängerin und Komponistin Amy Mcdonald wurde zur besten internationalen Künstlerin gekürt. Modedesigner Michael Michalsky - im Anti-Atom-T-Shirt - überreichte dem englischen Duo Hurts aus Liverpool den Preis als erfolgreichste internationale Newcomer. Insgesamt vergab die Deutsche Phono-Akademie 25 Ehrungen.

Mit sechs Nominierung waren Unheilig und ihr Erfinder „Der Graf“ in das Echo-Rennen gegangen. Am Ende gab es drei Auszeichnungen: Als beste Gruppe Rock/Alternative national, als Produzent und für „Große Freiheit“ als wichtigstes Album des Jahres. „Ich stehe mit meinen Gefühlen und Gedanken wohl nicht allein“, erklärte sich „Der Graf“ seinen Erfolg.

Fünf Nominierungen hatte Lena - am Ende wurde sie beste deutsche Newcomerin und beste Sängerin. „Es ist so schön“, sagte sie. „Ich hab' so Herzklopfen und meine Hände zittern.“ Der Echo sei etwas „tierisch Großes“, sagte sie. Laudator Kai Pflaume fotografierte die Szene derweil mit seinem Smartphone.

Preise gingen auch an das Duo Ich + Ich als beste Gruppe national Rock/Pop, David Garrett wurde als bester deutscher Künstler und für seine DVD geehrt. Nicht wie so oft die Kastelruther Spatzen, sondern das Brüder-Duo Die Amigos wurden in der Sparte Volkstümliche Musik geehrt, Andrea Berg bekam ihren sechsten Echo als beste Schlagersängerin.

Doch weder Lenas „Satellite“ noch ein Titel von Unheilig wurden zum Hit des Jahres. Hier gewann posthum Israel „Iz“ Kamakawiwo'ole. Mit dem Evergreen „Somewhere Over The Rainbow“ hatte der schon 1997 gestorbene Mann aus Hawaii mit seiner Ukulele die Charts gestürmt.

Es war aber dann doch der große Abend von Annette Humpe. Sie habe gezeigt, dass man der deutschen Sprache „den klebrigen Beigeschmack“ nehmen könne, wie Max Raabe in seiner Liebeserklärung sagte. „Klug, rotzfrech und warm“ sei sie. Die 60-Jährige revanchierte sich mit einer Hymne auf die Hauptstadt, „die mich vor 35 Jahren aufgenommen hat, eine Stadt, die ich in diesem Leben nicht mehr verlasse.“ Und dann sang sie „Ich steh' auf Berlin“.