Lieblingsbücher: Was sich zu lesen lohnt
Berlin (dpa) - Rund 100 000 Neuerscheinungen kommen pro Jahr auf den deutschen Buchmarkt. Für jeden Geschmack ist wohl etwas dabei. Aber nicht jedes davon hat das Zeug zu einem absoluten Lieblingsbuch. dpa-Korrespondenten verraten, welche Werke ihnen in diesem Jahr besonders am Herzen lagen.
Die Herrlichkeit des Lebens Von Stephan Maurer, dpa
Für Liebhaber leiser Töne: Das Leben des Schriftstellers Franz Kafka, der an Tuberkulose leidet, verlöscht allmählich. Da findet er in der jungen Köchin Dora Diamant seine vielleicht größte Liebe. Michael Kumpfmüller hat darüber ein leises, poetisches Buch geschrieben. Es ist eine traurige Geschichte, die er erzählt - die Krankheit ergreift immer mehr Besitz von Kafka, Dora verzehrt sich vor Angst um ihn. Und doch herrscht ein heiterer, lebensbejahender Grundton vor. Kumpfmüller („Nachricht an alle“) erweist sich wieder einmal als meisterhafter Erzähler. Und er feiert in diesem Roman Herrlichkeit des Lebens!
(Michael Kumpfmüller: Die Herrlichkeit des Lebens, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 258 Seiten, 18,99 Euro, ISBN 978-3-462-04326-6)
Herrndorfs „Tschick“ - und dann „Sand“ Von Thomas Maier, dpa
Für jedes Alter: Das Buch hat schon viele begeisterte Fürsprecher gehabt. Und auf den hinteren Plätzen der Beststellerlisten stand es auch schon. Doch Wolfgang Herrndorfs „Tschick“ gehört auch ein Jahr nach seiner Veröffentlichung ganz nach vorne. Herrndorf beschreibt die Reise zweier Halbwüchsiger mit einem Lada durch den Osten der Republik komisch-anrührend und dennoch mit Tiefgang. Eben so, wie man es von US-Klassikern wie J.D. Salinger kennt. Aber Achtung: Herrndorfs danach erschienener Roman „Sand“ ist auch großer Lesestoff, aber völlig anders.
(Wolfgang Herrndorf: Tschick, Rowohlt Verlag, Berlin, 2010, 254 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-387134710-8)
„Wenn ich groß bin, werde ich Seehund“ Von Elke Vogel, dpa
Für Kinder: Raus aus der Niedlichkeitsfalle. Immer noch werden Bilderbücher von süßen Bärchen, Mäuschen und Häschen bevölkert. Doch es geht auch ganz anders. Bilderbuchkünstler Nikolaus Heidelbach hat keine Angst, Kinder herauszufordern. Er konfrontiert sie auch mit traurigen oder rätselhaften Ereignissen. Sein jüngstes Werk heißt „Wenn ich groß bin, werde ich Seehund“. Als die Mutter eines Morgens verschwunden ist, stellt sich ihr Sohn die Frage, ob sie vielleicht ein Seehund geworden ist? Je öfter man das von Sagen inspirierte Buch aufklappt, desto mehr Gefühlsebenen öffnen sich. Ein echtes Lieblingsbuch!
(Nikolaus Heidelbach: Wenn ich groß bin, werde ich Seehund, Verlag Beltz & Gelberg, 32 Seiten, 14,95 Euro, ISBN 978-3-407-79443-7. Ab 4 Jahren und für Erwachsene)
Zeit der Veränderung: „Mittelreich“ Von Sandra Trauner, dpa
Nicht nur für Bierbichler-Fans: Als Schauspieler ist er eine Wucht, als Autor nicht minder. Josef Bierbichlers „Mittelreich“ begleitet eine (mittelreiche) Bauern- und Gastwirtsfamilie an einem bayerischen See durch eine Zeit starker Veränderungen. Strenge Eltern, bigotte Schwestern, Knechte und Tagelöhner, überkandidelte Sommergäste und misstrauisch beäugte Flüchtlinge - all das bietet Stoff für prächtige Szenen. Zudem profitiert das Buch vom Kontrast zwischen der Herzensbildung des Beobachters und der emotionalen Verkümmerung der Beobachteten.
(Josef Bierbichler: Mittelreich, Suhrkamp Verlag Berlin, 392 Seiten, 22,90 Euro, ISBN 978-3518422687)
Utopie für eine bessere Welt Von Karolin Köcher, dpa
Für Visionäre: Alle Menschen arbeiten gleichberechtigt und miteinander statt gegeneinander. Sie erzeugen ihren eigenen grünen Strom und teilen, anstatt zu horten. Wem würde das nicht gefallen? US-Ökonom Jeremy Rifkin entwirft in seinem Buch „Die dritte industrielle Revolution - Die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter“ eine faszinierende Vision. Seine Weltsicht macht Mut - also etwas, das wir gut gebrauchen können in diesen Tagen. Unbedingt lesen!