Lob der Badehose
Berlin (dpa) - Die Badehose ist das meistunterschätzte Kleidungsstück. Hautenges Höschen oder luftige Shorts? Was man wo trägt, kommt ganz darauf an. Ein Badehosen-Knigge.
Deutschland liefert sich dem Sommer aus. Das ist schön, stellt den Mann aber vor eine Herausforderung: die Wahl der richtigen Badehose für Freibad oder Strand. Knapp oder weit? Bunt oder einfarbig? Mit Gummizug oder ohne? Das kleine Stück Textil hat es in sich.
Vielen Männern ist das nicht bewusst, denn die Badehose wurde schon immer unterschätzt. Ein trauriges Beispiel dafür ist Friedrich Ebert, der sich 1919 in unvorteilhafter Schlabber-Buxe am Ostseestrand ablichten ließ. Das Foto gelangte in die Presse und verfolgte den ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik bis zu seinem vorzeitigen Tod sechs Jahre später. Seine rechten Gegner nutzten es immer wieder, um ihn zu diffamieren.
Auch heute kann der Griff zur falschen Badehose einen Politiker dem Gespött preisgeben. So brachte sich 2003 der damalige britische Premierminister Tony Blair mit einer eng sitzenden, vielfarbigen Badehose am Strand unfreiwillig in die Schlagzeilen. Der stilsichere Barack Obama dagegen zeigt sich beim Baden nur in Shorts, so wie es der amerikanische Wähler erwartet.
Alles, was nicht sehr weit geschnitten ist und mindestens bis zum Knie reicht, gilt in Amerika als unmännlich. Deshalb ist die Szene aus „Meine Braut, ihr Vater und ich“, in der sich Ben Stiller eine Badehose vom Ex seiner Freundin leihen muss, für Amerikaner doppelt lustig. Was er bekommt, ist viel zu kurz und zu eng. So etwas tragen aus amerikanischer Sicht nur europäische Gigolos.
Dem Schwimmen selbst ist eine Bermudashorts natürlich abträglich. Im Wasser bläht sich das Beinkleid ballonartig auf, saugt sich voll und kann schwer an seinem Träger lasten. Beim Verlassen des Schwimmbeckens trieft die Hose aus allen Fasern, so dass man eine breite Feuchtspur hinter sich herzieht. Wegen des damit verbundenen Wasserverlusts haben einige ostdeutsche Freibäder die Hosen schon verboten.
In den Mittelmeerländern hat sich die Badeshorts nie richtig durchgesetzt. Die Hochburg der Speedo - der Badehose im Slip-Format - ist natürlich Italien. Dort zeigt man, was man hat und greift notfalls auf ein Modell mit Einlage zurück. Selbst im Family Resort auf Mallorca wird dieser Wonderbra für den Herrn überall angeboten. Unangenehm wird es, wenn man am Pool jemandem gegenübertritt, der sich offenkundig für das gleiche Modell entschieden hat.
Immerhin: Amerikaner und Mittelmeer-Anrainer wissen wenigstens, wo sie badehosentechnisch hingehören. Deutschland hingegen befindet sich in einer undefinierten Grauzone. Jahrelang wurden auch hierzulande die Badehosen immer weiter und länger. Der Umschwung setzte 2006 mit dem James-Bond-Film „Casino Royale“ ein: Darin entsteigt Daniel Craig den Fluten des Meeres in einer engen, babyblauen Grigioperla-Badehose und sieht dabei ziemlich cool aus.
André Bangert, Redakteur für Herrenmode bei der Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“, hält folgende Faustregel für den Herrn bereit: „Je athletischer ich aussehe, desto knapper und enger darf die Hose sein.“
An dieser Stelle ergibt sich allerdings ein Problem: Empirische Studien haben mehrfach ergeben, dass es Männern sehr schwerfällt, ihr Äußeres auch nur halbwegs objektiv zu beurteilen. Sie halten sich durchweg für wesentlich attraktiver als sie in den Augen anderer erscheinen.
Deshalb wäre es vielleicht besser, die Faustregel wie folgt zu verschärfen: „Wenn ich aussehe wie Mario Gomez, darf ich eine knappe und enge Badehose wählen.“ In allen anderen Fällen empfiehlt sich ein nicht zu kleines Modell in gedeckten Farben. Sorry guys.