„Los jetzt“: Grönemeyers Tourauftakt im Regen

Rostock (dpa) - „Los jetzt“: Immer wieder ruft Herbert Grönemeyer sich, seiner Mannschaft auf der Bühne und den rund 22 000 Fans im Rostocker IGA-Park diese Aufforderung fast beschwörend zu.

Doch im teils dichten Regen, unter Plastikplanen versteckt, schwappt am Dienstagabend die gute Stimmung der Fans anfangs nur schwer auf die Bühne. Ab und zu, wenn es doch mal richtig laut unter den Besuchern wird, sagt der 55-Jährige: „Na bitte, es geht doch.“ Je später der Abend wird, desto mehr gehen die Fans mit.

Dass es Grönemeyer immer noch kann - und zwar richtig gut - daran lässt er an diesem grauen und kühlen Abend, nur wenige hundert Meter von der Ostsee entfernt, keinen Zweifel. Der Regenmantel, den er nach einer Stunde tragen muss, hindert ihn nicht, mit kraftvoller Stimme und einer bestens aufgelegten Band Musik vom Feinsten zu bieten.

Sein Konzert beginnt mit dem Klang eines Nebelhorns und dem Titelsong seines 13. Studioalbums „Schiffsverkehr“. Gigantisch ist der Aufbau der gut 50 Meter breiten Bühne - passend zum Thema ebenfalls ganz maritim. An fünf Masten mit roten Positionslichtern sind riesige, bewegliche Videowände hochgezogen, sie sehen aus wie Segel. Mal steigt roter Rauch in den Abendhimmel, mal ziehen dicke Nebelschwaden vorbei.

Wie es sich für ein „Schiff“ gehört, ist die Bühne nicht überdacht. Als nach einer Stunde wieder dichter Regen einsetzt, schadet das nicht nur Grönemeyers Frisur - er kokettiert an diesem Abend gerne mit seinem Aussehen - sondern stresst auch die Bühnentechniker, die mit einigen Aussetzern zu kämpfen haben.

In dem zweieinhalbstündigen Konzert spielt er die meisten, oft sehr nachdenklichen Songs seines neuen Albums. Dazwischen sind immer wieder die Lieder zu hören, mit denen er seit den frühen 80er Jahren Erfolge feiert. Mal rockt er mit seiner Band und heizt das Publikum mit Songs wie „Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist“ oder „Männer“ auf, mal setzt er sich ans Klavier und spielt Balladen wie „Halt mich“.

Den ganzen Abend sucht er den Kontakt zu seinen Fans, „zu seinen wahren Freunden“, und läuft immer wieder auf dem Laufsteg direkt in die Masse hinein. Und erzählt, wie er in den vergangenen Tagen bei seinen Konzertvorbereitungen immer wieder am Rostocker Hafen die Schiffe beobachtet hat: „Viel schöner geht's im Leben nicht.“

Nur einmal lässt Grönemeyer durchblicken, dass er von seiner scharfen politischen Analytik nichts verloren hat. Zum Stück „Auf dem Feld“ fordert er, dass die Soldaten aus Afghanistan sofort zurückgeholt werden. Dieser Einsatz sei eine Absurdität.

Mit viel Liebe zum Detail werden Bilder auf den segelartigen Videowänden auf der Bühne gezeigt - mit Grönemeyer im Mittelpunkt. Beim Klassiker „Alkohol“, der wie alle seine früheren Songs vom textsicheren Publikum mitgesungen wird, sind die Leinwände auf einer Höhe. Dabei räkelt sich Grönemeyer über die ganze Breite der Bühne hinweg auf einem Bett.

„Super“ ist sich das Publikum nach eineinhalb Stunden Programm und einer knappen Stunde Zugabe einig. Vor allem die alten Titel Grönemeyers sind beliebt, „die neuen muss man erst zwei Jahre hören, dann findet man die auch gut“, ist eine Besucherin überzeugt. Und alle drücken Grönemeyer ganz doll die Daumen, dass Regen und Kälte für die weitere Tour keine Rolle mehr spielen.