Mailänder Mode: Lila Sand und Langeweile?
Mailand (dpa) - Mailands Mode orientiert sich wieder einmal an den 70er Jahren. Das sei langweilig, findet die internationale Kritik. Für viel Aufsehen sorgt in Italiens Modemetropole derweil ein Amerikaner.
Was wäre die Mailänder Modeszene ohne Miuccia Prada, die sich jede Saison neu erfindet? Die erste Hälfte der Defilee-Woche bei der Modewoche „Milano Moda Donna“ (17. bis 22. September) mit den Trends für Frühjahr/Sommer 2015 ist absolviert und die Kritik aus dem Ausland fällt ein hartes Urteil. Statt wieder und wieder ein 70er-Jahre-Revival würde man gern mal etwas Frisches sehen. In der Tat sind Hippie-Anleihen omnipräsent auf den Laufstegen, begleitet von sportiven Einflüssen. Mode-Revolutionen sehen anders aus.
Bei Prada ist wie immer jedes Detail bedeutungsschwer aufgeladen. Zur Raum-Installation zum Beispiel gibt es jedes Mal einen eigenen Pressetext. Am Donnerstagabend blickten die Gäste auf eine Hügellandschaft aus lilafarbenem Sand. Umrundet wurde der Wüstensand von Models in Outfits, die das Reiche mit dem Rauen, Unfertigen versöhnten. Brokat wird mit Baumwolle kombiniert. Einige Säume sind offen und fransen aus. Kunstvolle Borten haben die Anmutung außen liegender Nähte. Ziernähte steppen Muster in Mäntel oder Röcke.
Das Label DSquared2 der kanadischen Zwillinge Dan und Dean Caten bietet immer eine coole Performance. Es ist die Lieblingsshow der Männer. Sie sagen, dort gebe es die hübschesten Models. Diesmal trugen sie Pferdeschwanz und Hornbrille. Die Mode war dann schon weniger züchtig. Es gab skulpturale, mit bunter Grafik bedruckte Miniröcke, kurze Kleidchen, die einen Schwall an Rüschen zu tragen haben oder zum Netzstrumpf verlängerte High Heels. Ein goldener Blazer mit Schößchen trifft auf eine zerschlissene Jeans. Unter einer kurzen Trainingshose mit Tunnelzug glänzen die Pailletten.
In einer ganz anderen Welt bewegte sich dagegen Ermanno Scervino. Hier dominierte ein bourgeoiser Chic mit applizierten Rosen, strukturierten Oberflächen und eleganten Parka-Interpretationen. Auf das antike Ägypten bezog sich Agnona-Designer Stefano Pilati. Die schlanken Silhouetten seiner Kaschmir-Ensembles akzentuierte er mit goldenen Schmuck-Details. Bei Ports 1961 dagegen trat eine taffe Frau auf. Sie trägt Shorts mit großen Taschen, Bomberjacken aus Leder, Kleider aus Chiffon.
Volumen in der Silhouette, reiche Stickereien, grafische Musterbilder - auch diese Mailand-Trends sind eher ein Lavieren in bereits bestehenden Tendenzen als ein mutiger Schritt nach vorn.
Die Überraschung dieser Woche war bei Moschino zu erleben. Am Eingang: ein Kampf um jeden Zentimeter Raumgewinn. Im Saal: kaum Luft zum Atmen. Die Show: eine Hommage an Barbie. Die Menge johlte. Mailands Modewelt erlebt eine große Auferstehung. Moschino rockt wieder.
Das Comeback hat einen Namen: Jeremy Scott. Der Amerikaner arbeitet erst seit 2013 für das italienische Label und hat schon einen Hype entfacht. Franco Moschino war legendär für seine Ironie. Einmal ließ er Tomaten im Publikum verteilen, die jeder auf das Model werfen sollte, das am wenigsten gefalle. Nach seinem Tod 1994 jedoch verlor das Label immer mehr an Bedeutung. Bis Scott kam.
Vor einem halben Jahr persiflierte er die Marken-Ästhetik von Fastfood-Riese McDonald's. Das muss man nicht zwingend schön finden, doch die Smartphone-Hüllen in Form einer Pommes-Tüte leuchten in diesen Tagen überall im Publikum. Fürs Frühjahr/Sommer 2015 widmete sich Moschino nun einer weiteren Ikone der Konsumwelt: Barbie. Platinblond trägt sie knackige, kurze Formen und sehr viel Pink.