Marsch der „Schlampen“ in vielen deutschen Städten
Berlin (dpa) - Ein paar Tausend oft halbnackte Frauen haben in Deutschland für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und gegen männliche Gewalt demonstriert.
Als selbst ernannte „Schlampen“ zogen sie am Samstag bei sogenannten „Slutwalks“ (Schlampenmärschen) als Teil einer internationalen Protestbewegung durch Innenstädte. Auf Plakaten und Transparenten waren Parolen wie „Nein bedeutet Nein“, „Kein Trieb rechtfertigt Gewalt“ oder „Hände weg! Mein Körper gehört mir“ zu lesen. Auch einige solidarische Männer marschierten mit.
In Berlin waren nach Angaben der Polizei mindestens 1000 Menschen dabei - die Veranstalter schätzten 3000 -, in Hamburg etwa 450, in München gut 350, in Frankfurt und Dortmund jeweils etwa 250, in Köln und Stuttgart ein paar Dutzend, wie die Polizei angab. Aufrufe hatte es auch in weiteren Städten gegeben.
Die Demos dieser Art haben ihren Ursprung in Kanada. Im Frühjahr hatte ein Polizist in Toronto bei einem Auftritt an der Universität Frauen geraten, sich nicht wie „Schlampen“ anzuziehen, wenn sie nicht Opfer sexueller Gewalt werden wollten. Einige Studentinnen gingen danach empört auf die Straße. Über soziale Netzwerke im Internet verbreitete sich die „Slutwalk“-Idee weltweit.
Die Proteste gegen Sexismus, falsche Schuldzuweisungen nach Übergriffen und die Verharmlosung von Vergewaltigungen gab es bereits in New York oder Melbourne. Am Samstag, wenige Stunden nach den deutschen „Slutwalks“, zogen auch mehr als 1000 Menschen durch Washington. Einige Frauen trugen Miniröcke, auf einem Transparent war zu lesen: „Gebt die Schuld dem Vergewaltiger und nicht den Opfern“.
Bei den deutschen Demos waren zwar mehrheitlich Frauen auf der Straße - einige in Miniröcken, Hotpants, Netzstrumpfhose und High-Heels, manche sogar oben ohne - doch auch Männer machten mit, manche von ihnen aufreizend im Fummel. „Man demonstriert ja nicht nur für persönliche und individuelle Bedürfnisse, sondern auch für die Rechte anderer“, sagte ein Mann in München.
Lorena Jaume-Palasi, eine der Organisatorinnen in München, sagte: „Unser gemeinsamer Nenner ist, dass wir uns über die Stereotypisierung von sexueller Gewalt empören. Wir wollen einen öffentlichen Diskurs anstoßen.“
Anna Rinne, eine Organisatorin in Hamburg, erklärte: „Auch wenn Personen halbnackt durch die Stadt laufen, ist es nicht ihre Schuld, wenn ihnen Gewalt angetan wird.“ Violetta Wacker, die mit Freunden zur Hamburger Demo gekommen war, erklärte: „Die Verschiebung der Opfer-Täter-Rollen grenzt an psychische Gewalt gegenüber den Opfern sexueller Gewalt.“
Unterstützt wurden die Protestler von Frauenorganisationen wie Terre des Femmes und dem Frauennotruf.