Prozess-Halbzeit Muss Bill Cosby ins Gefängnis?

Philadelphia (dpa) - Bill Cosby hat sich prominente Unterstützung geholt. Zum Prozessauftakt erscheint der Entertainer gemeinsam mit der Schauspielerin Keisha Knight Pulliam, seiner Fernseh-Tochter Rudy aus der Sitcom „Die Bill Cosby Show“.

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An den Tagen danach bringt er unter anderem die Entertainer Joe Torry und Lewis Dix sowie die Schauspielerin Sheila Frazier mit. All das soll der Welt zeigen: Cosby hat sich noch nicht aufgegeben, er hat Menschen auf seiner Seite. Der in Ungnade gefallene einstige Vorzeigevater des US-Fernsehens, der die Vorwürfe der sexuellen Belästigung bislang stets zurückgewiesen hat, will sein Image aufpolieren.

Für den Prozess gegen den Entertainer, der seit vergangenem Montag läuft, hat Richter Steven O'Neill zwei Wochen angesetzt. Bis Ende dieser Woche sollte ein Urteil gefallen sein, möglicherweise auch schon deutlich früher, denn der Prozess kommt rasch voran.

Rund 60 Frauen haben dem Schauspieler und Entertainer in den vergangenen Monaten sexuelle Belästigung, Missbrauch oder Vergewaltigung vorgeworfen. Weil die meisten Fälle verjährt sind, bleibt diesen Frauen heute nur der Gang zum Zivilgericht: Mindestens sieben Zivilklagen wegen Verleumdung, sexueller Nötigung oder sexueller Belästigung haben 13 Frauen in drei Bundesstaaten gegen Cosby angestrengt.

Ein Fall aber hat es nun zum Strafgericht geschafft: Die frühere Angestellte der Temple University in Philadelphia, Andrea Constand, wirft Cosby vor, ihr im Januar 2004 Tabletten verabreicht und sie in seinem Haus sexuell bedrängt zu haben. Vor Gericht in Norristown im US-Bundesstaat Pennsylvania, wo Cosby lebt, hat Constand nun ihr Schweigen gebrochen und den Entertainer direkt mit den Vorwürfen konfrontiert. Er habe ihr drei blaue Pillen gegeben und sie sexuell genötigt, sagte die heute 44-Jährige. Danach habe sie sich wie „eingefroren“ gefühlt. „Ich fühlte mich wirklich gedemütigt und war sehr verwirrt. Ich wollte einfach nach Hause gehen.“

Auch eine weitere Frau konfrontierte Cosby vor Gericht. An einem Abend im Jahr 1996 habe der Schauspieler ihr eine Tablette verabreicht und sexuellen Kontakt mit ihr gehabt, sagte Kelly Johnson zum Prozessauftakt aus, während sie sich Tränen aus dem Gesicht tupfte. „Ich hatte Todesangst, irgendetwas davon zu erzählen“, sagte die damalige Assistentin in Cosbys Agentur in Los Angeles. Sie ist bei dem Prozess als Zeugin zugelassen.

Cosby sah sich das Ganze von der Anklagebank aus aufmerksam an. Gefühlsregungen waren dem 79-Jährigen, der Mitte Juli seinen 80. Geburtstag feiert und eigenen Aussagen zufolge so gut wie blind ist, bislang nicht anzumerken.

Im Prozess geht es um die Frage, ob Cosby sich beim Kontakt mit Constand an jenem Abend im Januar 2004 strafbar machte. Bei einem Schuldspruch durch die zwölfköpfige Geschworenen-Jury drohen dem 79-Jährigen mehrere Jahre Haft. Auf freiem Fuß ist der altersschwache Cosby derzeit nur dank einer Kaution von einer Million Dollar (rund 894 000 Euro).

Für Staatsanwältin Kristen Feden scheint die Sache klar: „Dieser Fall handelt von einem Mann, der seine Macht, seinen Ruhm und seine zuvor geübten Methoden benutzte, um eine junge Frau in einen handlungsunfähigen Zustand zu versetzen, damit er sich sexuell vergnügen kann.“

Cosbys Verteidigung sieht das alles naturgemäß anders. Die Aussagen von Klägerin Constand, einer früheren Star-Basketballspielerin, seien lückenhaft und widersprächen sich häufig, führt Anwalt Brian McMonagle an. Zudem hätten Constand und Cosby sich bereits außergerichtlich auf eine unbekannte Summe geeinigt und die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eigentlich eingestellt. Richter O'Neill hat noch nicht durchblicken lassen, wohin seine Entscheidung tendieren wird.

Cosby selbst hat angekündigt, in dem Prozess nicht aussagen zu wollen. Anstelle dessen wird aus einer Stellungnahme vorgelesen, die der Schauspieler 2005 über den Abend mit Constand abgegeben hat: „Ich höre sie nichts sagen, und ich fühle sie nichts sagen. Also mache ich weiter und rücke in die Gegend irgendwo zwischen Erlaubnis und Zurückweisung vor.“

Möglicherweise werde sich der Entertainer doch noch entscheiden, auszusagen, sagt sein Sprecher Andrew Wyatt zum Ende der ersten Prozesswoche vor Journalisten. „In einem Prozess dieser Größenordnung ist nichts jemals ganz vom Tisch. Man muss sich alle Optionen ansehen. In einem Ballspiel ändern sich Dinge, Spieler gehen vom Platz und manchmal spielt der Star-Spieler und manchmal nicht.“