Mutierte Schweinegrippe-Viren in Norwegen und Großbritannien
Oslo/London/Genf (dpa) - In Norwegen und Großbritannien haben Ärzte verschiedene mutierte Schweinegrippe-Viren nachgewiesen. In beiden Fällen gehen die Mediziner derzeit aber nicht von einem höheren Gefahrenpotenzial aus.
In Großbritannien haben sich Menschen erstmals gegenseitig mit einer Schweinegrippe-Variante angesteckt, gegen die das verbreitete Medikament Tamiflu nicht wirkt.
In Norwegen fand sich in zwei gestorbenen und einem schwer kranken Schweinegrippe-Patienten eine andere Variante des Erregers H1N1, die möglicherweise dazu führt, dass der Erreger tiefer in die Atemwege eindringen kann.
Bei den fünf britischen Patienten eines Krankenhauses in Wales handelt es sich nach Erkenntnissen der Gesundheitsbehörden um die weltweit ersten Fälle einer Übertragung eines solchen resistenten Erregers von Mensch zu Mensch. Mindestens drei der Patienten hatten sich direkt auf der Station der Universitätsklinik in Cardiff angesteckt, wo sie wegen anderer schwerer Krankheiten behandelt worden waren.
Zwar wurden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bislang mehr als 50 Fälle von Grippe-Stämmen gemeldet, die gegen Tamiflu resistent sind. Nach Informationen der nationalen Gesundheitsbehörde gab es bislang aber keine bestätigten Fälle einer Übertragung von Mensch zu Mensch. Die Behörde ging aber nicht davon aus, dass sich der Stamm aus Cardiff weit verbreiten wird. Der Erreger ist den Angaben zufolge nicht aggressiver als andere Grippeviren und könne zudem mit dem Mittel Relenza behandelt werden. Zwei Patienten hätten sich bereits erholt.
In Norwegen gehen die Behörden nach der Untersuchung 70 weiterer Erkrankter davon aus, dass sich das veränderte Virus derzeit nicht verbreitet: Bei ihnen fand sich der veränderte Erreger nicht. Es könnte sich bei den drei Betroffenen um eine spontane Mutation handeln, ergänzte das norwegische Institut für Gesundheit in Oslo.
Die bisher üblichen Medikamente helfen auch gegen die mutierten Viren aus Norwegen, teile die WHO am Freitagabend in Genf mit. Auch die vorhandenen Impfstoffe schützten vor den nun entdeckten H1N1-Viren. Die WHO ergänzte, dass die gleiche Mutation zuvor bereits in
Brasilien, China, Japan, Mexiko, der Ukraine und den USA nachgewiesen wurde.
"Obwohl weitere Untersuchungen laufen, gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass diese Mutationen zu einer ungewöhnlichen Zunahme der Zahl von H1N1-Infektionen oder einer größeren Zahl ernster oder tödlicher Erkrankungen führen", hieß es in Genf weiter. Womöglich führe die Mutation aber dazu, dass das veränderte Virus tiefer in die Atemwege gelange, erklärte das norwegische Institut.
Viren vermehren ihre Erbsubstanz mit Hilfe der Werkzeuge ihrer Wirtszelle. Dabei kommt es immer wieder zu kleinen Fehlern und Ungenauigkeiten. In der Folge ist die Erbsubstanz der nachfolgenden Viren verändert ("mutiert"). Eine der schlimmsten Befürchtungen der Medizin ist es, dass auf diese Weise Erreger entstehen, die gegen die momentan wirksamen Medikamente unempfindlich sind.