Nicole — Das Mädchen mit der Gitarre
Vor 30 Jahren klampfte sich Nicole beim Grand Prix zum Sieg. Ihr Gewinnerlied hält sie für einzigartig, den Wettbewerb nicht.
Harrogate/Berlin. Eine verträumte 17-Jährige mit langen blonden Haaren hält auf den übereinandergeschlagenen Beinen ihre Gitarre und singt von „Ein bisschen Frieden“. Genau 30 Jahre ist es her, dass Nicole mit einem Lied von Ralph Siegel den ersten Grand-Prix-Sieg für Deutschland ersang. Es war der 27. Eurovision Song Contest in der englischen Kurstadt Harrogate.
Damals, als die junge Gymnasiastin aus dem Saarland siegte, schrieb man „bisschen“ noch „bißchen“, und der internationale Schlagerwettbewerb hieß noch „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ — und nicht Song Contest. 28 Jahre sollte es danach dauern, bis Deutschland wieder den ersten Platz belegte: im Jahr 2010 gewann Lena in Oslo mit dem Song „Satellite“.
Nicole gratulierte Lena vor zwei Jahren per Mitteilung und wünschte „viel Kraft“ für die anstrengenden Wochen. „Endlich“ gebe es einen zweiten Sieg, er sei überfällig gewesen. Mittlerweile bekennt Nicole, dass der Song Contest ihr heute nicht mehr so gefalle — er sei ihr „zu sehr uniform“. „Irgendwie sehen alle für mich gleich aus, die da mitmachen. Vor allem die Frauen. Meistens blond, haben sie kurze Röcke und tiefe Dekolletés.“
In der Tat: 1982 ging der Grand Prix züchtiger über die Bühne. Politisch war es das Jahr, in dem die Friedensbewegung die westdeutsche Öffentlichkeit beschäftigte. Viele Aktivisten damals aber fanden Nicoles Friedenslied zu betulich.
Dennoch ist es für Nicole ein besonderer Gewinnersong: „Dieses Lied und ich — das ist einzigartig! So ein Lied passiert einem im Leben einmal.“ Ein klares Nein deshalb auf die Frage, ob sie noch mal antreten würde. „Ich glaube, ich würde es auch nicht tun, wenn mir jemand prophezeien würde, dass das nochmal klappt.“
Das heutige Verfahren, den deutschen Teilnehmer für den ESC per Castingshow zu suchen, gefällt Nicole nur im Ansatz: „Ich finde es prinzipiell gut, dass das Publikum entscheidet, wer geht, und nicht irgendeine Jury aus irgendwelchen Journalisten, Musikredakteuren oder sonst irgendwas, weil die nicht immer nah am Volk sind.“
Allerdings sähe sie es lieber, wenn in nur einer einzigen Show unter den eingesandten Liedern ausgewählt würde. Dieses „Der fliegt raus und der fliegt raus und der fliegt raus“: Das behagt ihr nicht.