Holt er ihn wenigstens ab? Nobelpreis-Party ohne Bob Dylan, mit aufgeregter Patti Smith
Stockholm. Selbst die Aussicht darauf, beim Nobelbankett vielleicht zwischen Königin Silvia und Prinzessin Madeleine zu sitzen, hat ihn anscheinend nicht umgestimmt. Dabei gäbe es sicher einige, die Bob Dylan darum beneiden würden.
Der US-Sänger, in diesem Jahr mit dem Literaturnobelpreis bedacht, lässt die Preisverleihung in Stockholm sausen. Statt seiner agoiert US-Rockikone Patti Smith auf der Bühne. Und die Schweden feiern den 75-jährigen Rockpoeten auch ohne seine körperliche Anwesenheit.
Nobeljuror Horace Engdahl nennt Dylan bei der Feier in einem Atemzug mit Ovid und Shakespeare. Damit will er wohl auch Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Dass zum ersten Mal ein Songschreiber die Auszeichnung zuerkannt bekommen hatte, gefiel nicht allen. „Wenn die Leute in der Literaturwelt stöhnen, muss sie einer daran erinnern, dass die Götter nicht schreiben, sie tanzen und singen“, erklärt Engdahl.
Statt Dylan tanzt und singt bei der Gala im Konzerthaus die US-Rockikone Patti Smith. Während es draußen Bindfäden regnet, trägt sie im Saal „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ vor - und stockt plötzlich mitten im Lied. „Es tut mir leid, ich bin so nervös“, erklärt der Superstar fast schüchtern - und erntet Jubelstürme aus dem Publikum.
Die restlichen Strophen des uralten Liedes, das Dylan mit zarten 21 Jahren geschrieben hat, bringt sie flüssig über die Bühne. „Blowin' In The Wind“ (1963) hatte den Mann, der als Robert Allen Zimmerman geboren wurde, kurz darauf berühmt gemacht. Über ein halbes Jahrhundert später ist er eine Musiklegende.
„Die Schönheit seiner Songs ist von höchstem Rang“, schwärmt Juror Engdahl. Das hätte er dem Nobelpreisträger, der die Auszeichnung für seine „poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Gesangstradition“ zuerkannt bekommen hatte, lieber selbst gesagt.
Doch Dylan hat die altehrwürdige Schwedische Akademie seit der Bekanntgabe im Oktober mehr als einmal brüskiert. Erst bekommt die Jury den Sänger wochenlang nicht ans Telefon, dann sagt er für die Preisverleihung ab - und ob er überhaupt persönlich nach Stockholm kommt, um die Auszeichnung abzuholen, steht immer noch nicht fest. Was wäre es stattdessen für ein Coup gewesen, solch eine musikalische Jahrhundertgestalt zu den Nobelfeierlichkeiten gelockt zu haben!
Nur einer freut sich insgeheim vielleicht ein bisschen, dass Bob Dylan sich nicht in Stockholm hat blicken lassen: Physik-Preisträger Duncan Haldane. Er darf beim Abendessen am Ehrentisch zwischen der Königin und Prinzessin Madeleine sitzen. (dpa)