Organspende-Skandal: Neue Details sorgen für Wirbel
München (dpa) - Ein Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ über den Organspende-Skandal am Münchner Klinikum rechts der Isar hat für Wirbel gesorgt. Das Blatt listet mehrere angebliche Unregelmäßigkeiten bei Lebertransplantationen zwischen 2007 und 2012 auf.
Drei Fälle, in denen offenbar Blutproben manipuliert worden seien, elf Alkoholiker, die nicht auf die Wartelisten gedurft hätten, sowie 15 weitere Verstöße. Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) sagte dem Bayerischen Rundfunk, die Fakten seien bekannt.
Eine Sprecherin des Klinikums verwies auf Anfrage auf eine schriftliche Stellungnahme, in der es heißt: „Nach wie vor sind sorgfältige und umfassende Untersuchungen und Ermittlungen von Bundesärztekammer, Mühlbacher-Kommission und Staatsanwaltschaft in vollem Gange.“ Das Klinikum werde die Ergebnisse nach Abschluss der Untersuchungen bewerten, die Konsequenzen daraus ziehen und diese veröffentlichen. Die Staatsanwaltschaft München I wollte sich am Freitag nicht zu den Vorwürfen äußern.
Als Reaktion auf den „SZ“-Bericht erneuerte Justizministerin Beate Merk (CSU) ihre Forderung, Manipulationen von Listen für Organspenden unter Strafe zu stellen - unabhängig davon, ob dadurch der Tod eines Menschen verursacht oder in Kauf genommen worden sei. „Wer bewusst die für die Liste relevanten Daten manipuliert, gefährdet Menschenleben. Das muss mit Strafe bedroht sein“, ließ sie über ihr Ministerium mitteilen.
Die „SZ“ zitiert außerdem aus einem Brief von Ärzten an den Klinikumsvorstand, der auch Minister Heubisch vorliegt, wie eine Ministeriumssprecherin bestätigte. Darin fordern sie der Zeitung zufolge „nach dem unerträglichen Zögern und Zaudern der letzten Monate endlich glaubhafte personelle und strukturelle Änderungen zu beschließen“.
Politiker und Mediziner fürchten, dass die Spendenbereitschaft wegen der Transplantations-Skandale weiter sinkt. In Deutschland warten rund 12 000 Patienten auf ein Organ. Nach Zahlen der Deutschen Stiftung Organspende gab es zwischen Januar und September 2012 aber nur 829 Spenden - rund 70 weniger als im Vorjahr. Als Folge der Organspendeaffären prüfen seit September 2012 zwei unabhängige Kommissionen gezielt Transplantationsprogramme.